Dae Vensche Reich nad seine einzelnen Glieder. (März 5—7.) 163
Abrede stellen, daß Krupp seine Kanonen an uns um 30 bis 40 v. H.
teurer verkauft, als man sie im Ausland kaufen kann, und jedes Schlacht-
schiff braucht zwölf solcher Kanonen. Ich will gewiß nicht haben, daß
die Leute nichts verdienen sollen. Ohne Profit raucht kein Schornstein,
aber eine Konkurrenz muß schon im wirtschaftlichen Interesse vorhanden
sein. Daß wir unsere Stellung zum Flottengesetz oder zu Flottenfragen
überhaupt geändert haben, muH ich dem Abg. Semler gegenüber auf das
entschiedenste zurückweisen.
Staatssekretär v. Tirpitz: Es muß ohne weiteres seitens der
Marineverwaltung zugegeben werden, daß daß Zulagewesen etwas unüber-
sichtlich geworden ist. Ich habe in der Budgetkommission ausgeführt, daß
wir eine entsprechende Denkschrift im nächsten Jahre vorlegen werden.
Wenn es möglich gewesen ist, soundsoviele Millionen zu ersparen, so ist
das eine der außerordentlich guten Wirkungen des Flottengesetzes, an dem
ja gerade die Zentrumsfraktion ein großes Verdienst hat. 1907 ist durch
die Art des Vorgehens der Marineverwaltung ein weiterer Preisnachlaß
erzielt, trotzdem Krupp für drei Jahre schon die höheren Preise bewilligt
erhalten hatte. Wenn es Krupp möglich gewesen ist, uns auch diesen
Preisnachlaß noch zu gewähren, so ist zu berücksichtigen, daß wir einen
Mehrbedarf an Panzerplatten von mehr als 33 v. H. hatten. Auf der
anderen Seite ist es nicht unbillig, wenn wir Krupp, nachdem er seine
Panzerplattenwerke vergrößert hat, gewisse Kautelen dafür bieten, daß er
seine Werke auch voll ausnutzen kann.
5. März. (Bayern.) Verordnung betr. die „Dreier-Juristen“.
Eine Regierungsverordnung verfügt, daß im bayerischen Justiz-
und Verwaltungsdienst künftig nur diejenigen Kandidaten, welche die
weite Staatsprüfung mit der Gesamtnote „Eins“ oder „Zwei“ bestanden
aben, die Fähigkeit zum Amte eines Richters, Staatsanwalts, Notars
sowie zur Rechtsanwaltschaft erlangen. Kandidaten mit der Gesamtnote
„Drei“ können höchstens noch zu Gerichtsschreibern ernannt werden.
5. März. (Berlin.) Der Parteitag der freisinnigen Volks-
partei erklärt seine Zustimmung zum Zusammenschluß mit der
freisinnigen Vereinigung und der deutschen Volkspartei zur „dfort-
schrittlichen Volkspartei".
6. März. (Berlin.) Wahlrechtsspagiergang der Berliner
Sozialdemokratie.
Gegen den geplanten Spaziergang nach dem Treptower Park machte
der Polizeipräsident Bedenken wegen Raummangels geltend und erzwang
ein Verbot durch eine umfassende Absperrung. Die Demonstranten wurden
deshalb von der Parteileitung angewiesen, auf verschiedenen Wegen zum
Tiergarten zu ziehen und führten diesen, die Polizei überraschenden Plan
in musterhafter Ordnung durch. Im ganzen waren etwa 30000 Personen
im Tiergarten versammelt. Aehnliche Versammlungen fanden in vielen
andern Städten statt, ohne daß die Ordnung ernstlich gestört wurde.
7. März. (Reichstag.) Zustimmung zum Gotthardbahn-
vertrag. Fortsetzung der Spezialberatung des Marinetats.
Abg. Dr. Struve (Fortschr. Vp.): Unklarheit ist gerade bei den
Stellen des Etats vorhanden, auf die sich die Kritik richtet, beim Besoldungs-
und Zulagewesen der Offiziere. Wünschenswert sei, die Kosten für die
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