Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

170 Deas Penisqhhe Reith und seine einzelnuen Glieder. (März 9.) 
und konnte auch nicht die Folge der Veröffentlichung des Weißbuches sein. 
Nur über das Maß der Vertretbarkeit der Ansprüche der Gebrüder Mannes- 
mann sei man verschiedener Meinung gewesen. Der Fehler liegt darin, 
daß die Gebrüder Mannesmann eigenmächtig ungeschickte Wege gegangen 
seien. Auch jetzt wolle das Auswärtige Amt ihre Interessen fördern durch 
Ausbildung des Berggesetzes. Manches sei aber in dieser Beziehung erreicht. 
Erleichtert werde der Erfolg werden, wenn man alle in- und ausländischen 
Interessen in eine Gruppe zusammenschließen könnte. Daß die Einigungs- 
bestrebungen der Reichsregierung erfolglos waren, bedaure sie tief. Das 
Weißbuch sei nicht erschöpfend; man habe es nicht zu umfangreich werden 
lassen wollen; auch eigne sich einiges nicht für die Oeffentlichkeit. Die Be- 
hauptung, daß durch scharfes Auftreten die Ansprüche der Gebrüder Mannes- 
mann durchzusetzen waren, ist falsch. Das ist nur möglich, wenn ein un- 
anfechtbarer Rechtsboden vorhanden ist. Das. ist aber nicht der Fall. Die 
Gebrüder Mannesmann widersprechen sich in ihren Darlegungen; bald 
reden sie von unermeßlichen Schätzen und bald von kleinen Ansprüchen. 
Es handle sich nicht bloß um Deutschland und Frankreich, auch nicht nur 
um die Union der Mines Marocaines und Mannesmann. Dazu bringe 
man Phantasiegebilde von geheimnisvollen Abmachungen mit Krupp und 
einem großen französischen Trust. Es kommt eine Reihe von Mächten 
in Betracht, England, Spanien, auch Portugal, Holland usw. Eine Einigung 
mit Frankreich allein wäre nutzlos, aber auch unmöglich gewesen. Beim 
Abkommen mit Frankreich kam es darauf an, uns nicht wirtschaftlich aus 
Marokko drängen zu lassen. Das ist in erfreulicher Weise gelungen; 
manches ist erreicht, anderes in Vorbereitung. Die Aussichten sind jetzt 
besser als vor einigen Jahren. Das Abkommen, das eine große politische 
Wirkung hat, wäre bei Hervorkehren der Ansprüche der Gebrüder Mannesmann 
gescheitert. Man hätte sich dem Vorwurfe unehrlicher Interpretation aus- 
gesetzt. Im besten Falle wäre es zu einer ungünstigen Entscheidung des 
Schiedsgerichts gekommen unter Verminderung auch des politischen An- 
sehens und Vertrauens des Deutschen Reiches. Jetzt könne dasselbe Re- 
sultat ohne die unangenehmen Begleiterscheinungen erreicht werden. Mit 
Druck ohne Kompromiß wäre es ohne die Gefahr eines offenen Konfliktes 
nicht durchzusetzen gewesen. Soweit möglich, hat sich die Reichsregierung 
mit Ernst der Förderung der deutschen Interessen stets gewidmet. 
Unterstaatssekretär Stemrich: Die Ansprüche der Gebrüder Mannes- 
mann gründen sich auf Urkunden, deren erste auf Seite 36 der Denkschrift 
wiedergegeben ist. Der Unterstaatssekretär verliest diesen Passus, den Ge- 
sellschaftsvertrag des Sultans Mulay Hafid mit den Gebrüdern Mannes- 
mann. Dann folgt eine andere Urkunde mit einem Verzeichnis von 
Mutungen, die dritte (auf Seite 42 des Weißbuches), die die Bestäti- 
gung der Ausbentung der Minenvorkommen bringt, und schließlich eine 
vierte. Die Gebrüder Mannesmann behaupten, in der ersten Urkunde sei 
das von der Algeciras-Akte gemeinte Berggesetz zu sehen. Alles komme 
darauf an, ob dies zuzugeben sei. Die Gutachter der Gebrüder Mannes- 
mann kommen auf Grund der marokkanischen Gesetze zur Bejahung dieser 
Frage. Am 20. März sei die Bestätigung erfolgt, da sei er zweifellos 
Sultan gewesen. Das Sultansiegel genüge für die Gültigkeit. Die For- 
derung der Algeciras-Akte, das Gesetz müsse mit den europäischen Berg- 
gesetzen übereinstimmen, sei erfüllt. Das Auswärtige Amt ist aber nicht 
dieser Meinung. Der erste Teil der Urkunde auf Seite 36 enthalte eine 
Minensozietät, der zweite Teil die Ausführungsbestimmungen. Es seien 
auch andere Bedenken. Der erste und zweite Teil der Urkunde rührten 
von verschiedenen Handschriften her; auch seien die Mannesmannsche Ueber-
	        
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