Das Veuische Reich und seine eintelnen Glieder. (März 9.) 171
setzung und die Vasselsche verschieden. Der Gesandte Rosen habe darauf
aufmerksam gemacht, daß die Urkunde sprachlich und formell mangelhaft
sei. Ein Gutachten von Professor Kampfmeyer am Orientalischen Seminar
sei hierüber eingefordert worden. Im zweiten Teil der Urkunde erklärt
der Unterstaatssekretär nur ein Muster oder Formular zu sehen, das sich
der Sultan habe ausstellen lassen, keinesfalls ein Gesetz. Dazu komme die
Algeciras-Akte, die in Marokko ratifiziert sei. Habe der Sultan wirklich
die Absicht gehabt, das Minengesetz zu erlassen? Abdul Asis sei mit Porché
zur Ausarbeitung eines Minengesetzes zusammengetreten. Dies habe El
Mokri gefordert, unabhängig von dem Mannesmanngesetz. Auch seien in
Rücksicht auf dies zu erlassende Gesetz die Beginne der Förderung an ver-
schiedenen Stellen nicht erläutert. Das Mannesmannsgesetz sei nicht publi-
ziert. Freilich entspreche das dem Gebrauch bei innerafrikanischen Gesetzen,
aber dieses Gesetz, das auch die Mächte interessierte, mußte publiziert werden.
Daß die Algeciras-Akte nicht in Marokko publiziert sei, habe nichis zu
sagen; denn das gehe nur die Mächte an. Die Mannesmannabkommen
seien nicht einmal dem Auswärtigen Amt bekannt gegeben. In nur zwei
Ausfertigungen sei das Abkommen vorhanden; das könne man nicht als
geltend für die Mächte ansehen. Die Bestätigung der Akte, daß das Minen-
gesetz nach europäischem Muster abgefaßt sein sollie, konnte gefährlich werden,
da in Frankreich nicht das Prioritätsprinzip besteht und dies leicht in das
marokkanische Gesetz hinein kommen konnte. Deshalb habe man Abdul Asis
zum Erlaß eines Gesetzes zu veranlassen gesucht. Der Versuch sei ge-
scheitert. Daraus entsprangen Besorgnisse, und diese haben den Beschluß
des diplomatischen Korps gezeitigt, daß nur ein Minengesetz nach Einsicht-
nahme des diplomatischen Korps erlassen werden dürfte. Dies sei auf
deutsche Veranlassung geschehen. Davon komme man nicht zurück. Sodann
die Frage: Stand dem Sultan nach Erlaß der Algeciras-Akte frei, Minen-
konzessionen zu erlassen? Diese Frage sei zu verneinen, da die Algeciras-
Akte das Prinzip der wirtschaftlichen Gleichstellung proklamierte. Auch eine
dahingehende Auslegung der Algeciras-Akte sei von allen Mächten an-
genommen. Vorbereitende Maßnahmen, auch ein Inverbindungtreten mit
den Behörden seien gestattet gewesen, aber nicht mit rechtsverbindlicher
Kraft irgend welcher Art. Die Behauptung, Spanier und Franzosen seien
schon im Minenbetrieb, glaube er nicht. Im vorigen Monat habe Rosen
noch telegraphiert, daß es sich nur um Bahnbauten und Minensuchen
handle. Gestern hat der französische Botschafter erklärt, an keinem Ort
Marokkos würden Minen ausgebeutet. Der Sultan habe ein beständiges
Geldbedürfnis und spiele die Leute gegeneinander aus. Davon haben die
Gebrüder Mannesmann profitiert und versucht, ein Berggesetz zu erreichen,
und glauben es erreicht zu haben. Das Auswärtige Amt sei in den letzten
Monaten unendlich angegriffen worden. Er misse diese Angriffe zurück-
weisen. Man habe sich die erdenklichste Mühe gegeben, eine Einigung
herbeizuführen, und sei den Gebrüdern Mannesmann behilflich gewesen,
die Prioritätsrechte festzulegen. Aber die Entscheidung, ob der Sultan
berechtigt war, den Gebrüdern Mannesmann die Konzession zu erteilen,
konnte man vorwegnehmen. Die Gebrüder Mannesmann seien nicht den
vom Auswärtigen Amt empfohlenen Weg gegangen. Man hätte bei Ver-
tretung ihrer Ansprüche den Mächten gegenübergestanden. Vermutlich
wäre es zum Haager Schiedsgericht gekommen, und dieser Weg wäre
unzweckmäßig gewesen. Man habe deshalb den anderen Weg, den der
Verhandlungen eingeschlagen. Diese würden mehr Aussicht auf Erfolg
haben, wenn sich die Gebrüder Mannesmann mit den anderen einigen
wollten.