Ves Denische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 11.) 175
und die geplanten Umzüge zu verbieten oder nicht. Gegen die Verfügung
des Polizeipräsidenten ist Klage im Verwaltungsstreitverfahren erhoben
worden. Das Verfahren schwebt; es wird zweifellos durch alle Instanzen
gehen und durch eine letztinstanzliche Entscheidung des Oberverwaltungs-
terichts seine Erledigung finden. Ich muß Bedenken tragen, unter diesen
mständen im einzelnen in eine Kritik der Tatsachen einzutreten. Wenn
die Entscheidung gefallen ist, wird es meine Sache sein, zu prüfen, ob
nach der Entscheidung des höchsten preußischen Gerichtshofes für mich eine
Veranlassung vorliegt, mich mit dem preußischen Minister des Innern
wegen des Verhaltens seiner Polizeiorgane ins Benehmen zu setzen. Nach
§ 7 des Vereinsgesetzes bedürfen öffentliche Versammlungen unter freiem
Himmel und Umzüge der Genehmigung, die nur versagt werden soll, wenn
Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist. Der betreffende
entscheidende Beamte muß die Befürchtung haben, daß eine Gefährdung
der öffentlichen Sicherheit eintritt. Sie werden zugeben müssen, daß da-
mit ein starkes subjektives Moment in die Entscheidung hineingetragen ist.
Sie werden auch bei der objektivsten Handhabung bei der Entscheidung
den Einfluß von Takt, Temperament und Erfahrung bei den betreffenden
Beamten niemals ausscheiden können. Daneben müssen Tatsachen vor-
liegen, die objektiv geeignet sind, eine derartige Befürchtung zu begründen.
Nun werden diese Tatsachen an verschiedenen Orten und unter verschiedenen
Boraussetzungen ganz verschieden zu bewerten sein. Es ist zweifellos
richtig, daß an sich die Absicht, eine politische Demonstration zu veranstalten,
nicht allein und unter allen Umständen geeignet ist, die Befürchtung zu
begründen, daß eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt. Es
wird überhaupt in den allerseltensten Fällen der Zweck einer derartigen
Veranstaltung allein entscheidend sein können für die Genehmigung oder
Versagung. Der Zweck kann an einem Orte unbedenklich sein, am anderen
bedenklich. In Betracht kommen noch die Lage des Platzes, seine Größe,
seine Zuwege, die Zahl der Menschenmenge, die Gewohnheiten der Be-
völkerung, und ob nicht die Gefahr vorliege, daß außer den Demonstranten
nicht noch bedenkliche Elemente sich einfinden, die ihrer Disziplin nicht
unterstehen. Nun hat der preußische Minister des Innern mit vollem
Recht angeordnet, daß eine allgemeine Vorschrift über die Voraus-
setzungen, unter denen eine solche Versammlung genehmigt oder nicht
genehmigt werden kann, nicht erlassen werden soll. Die Folge davon
ist, daß ein Teil der Polizeibehörden solche Umzüge zum Zwecke der
Wahlrechtsdemonstation genehmigt hat und andere nicht. Es liegt für
mich zurzeit keine Veranlassung vor, gegen diese allgemein dem Wortlaut
und dem Sinne des Gesetzes entsprechende Anordnung des preußischen
Ministers irgendwelche Schritte zu unternehmen. Wir werden zunächst
abwarten müssen, wie die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegen-
über dem Präsidenten ausläuft. Nun handelt es sich um die Frage, ob
das Verhalten des Polizeipräsidenten in Bezug auf den Wahlrechtsspazier-
gang anfechtbar war oder nicht. Ich will mir vor der Entscheidung des
Gerichts kein Urteil gestatten. Wenn aber das Verbot des Polizeipräsidenten
zu Recht bestand, so war er berechtigt, Vorsorge zu treffen, daß es nicht
umgangen wurde. Er hat ganz korrekt den Herren, die die Erlaubnis
nachgesucht hatten, mitgeteilt, daß, wenn dieser Spaziergang den Charakter
eines Aufzuges annehmen würde, er genötigt sein würde, ihn zu ver-
hindern. Der Gang der Ereignisse hat dem Polizeipräsidenten Recht ge-
geben. Es handelte sich nicht um einen harmlosen Spaziergang. Ich bin
auch am Sonntag im Tiergarten gewesen. Wenn große Mengen von
Menschen in geschlossenen Reihen, unter Führern auf bestimmte Plätze nach