Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

Das Penische Reihh und seine einjelnen Glieder. (März 11.) 181 
Friedberg aufgetreten ist, es uns sehr schwer macht, in einer guten Weise 
mit den Nationalliberalen zusammenzuarbeiten, wie es unser dringender 
Wunsch ist. (Lebhafte Rufe: Das ist doch keine Geschäfisordnung!) Vize- 
präsident Porsch: Die Aeußerungen sind zwar nicht zur Geschäftsordnung, 
aber ich glaubte den Redner doch weiter sprechen lassen zu sollen. (Wider- 
spruch Il. Abg. Dr. Wiemer: Aber das geht doch nicht. Gibt es denn hier 
gar keine Geschäftsordnung mehr?) Ich stelle nochmals fest, daß wir ledig- 
lich durch das Vorgehen der Nationalliberalen .. . (Großer Lärm l., Rufe l.: 
Zur Geschäftsordnung! Vizepräsident Porsch: Ich habe die Ausführungen 
zugelassen, weil ich auch den Rednern der andern Parteien in der Geschäfts- 
ordnung weiten Spielraum lassen will.) 
Abg. Dr. Friedberg (Nl.): Die Ausführungen des Herrn v. Heyde- 
brand beweisen, daß der Antrag der Konservativen nur taktisch gemeint ist. 
Ein besserer Beweis für meine Auffassung, als daß sich die Herren der 
Abstimmung enthalten, konnte nicht erbracht werden. Die Herren glauben 
immer wegen unseres Tons nicht mehr mit uns zusammenarbeiten zu 
können. Wenn die Herren aber ein Zusammenarbeiten aus taktischen 
Gründen haben wollen, so werden sie es nach wie vor tun, wenn es 
in ihrem Interesse liegt. Ob ich mich nun so oder so ausdrücke, das wird 
keine Bedeutung haben. In meinem Ton ist übrigens keine Schärfe ge- 
wesen. Die Bemerkung, daß sie nicht mit uns zusammenarbeiten könnten, 
ist auch wieder nur Taktik seitens der Konservativen. 
Abg. Herold (Z.): Wir sind immer mit Entschiedenheit für die ge- 
heime Wahl eingetreten, daher bitte ich den konservativen Antrag abzulehnen, 
damit endlich das richtige Ziel der geheimen Wahl erreicht wird. 
Abg. Fischbeck (Forischr. Vp.): Daß wir für die geheime Wahl 
eintreten, für eine Wahl, die diesen Namen auch verdient, beweisen wir 
durch unseren Antrag. Daß das Zentrum auch für die geheime Wahl 
gewesen ist, ist ein Streit um Worte. Wenn man die geheime Wahl mit 
der indirekten Wahl verquickt, so wird der Sinn der geheimen Wahl be- 
seitigt. Das geschieht nur, um es den Konservativen zu ermöglichen, für 
die ganze Sache zu stimmen. Ich schließe mich in der Verurteilung des 
konservativen Antrages durchaus dem an, was der Abg. Friedberg gesagt 
hat. Wenn ein Teil der Konservativen sich der Stimmenabgabe enthält, 
so geschieht das, um das Zentrum in die Majorität zu bringen und dann 
stimmt, was Herr Friedberg sagt. Veranlassen Sie (zu den Konservativen) 
doch, daß das Zentrum für Ihren Antrag stimmt, dann haben Sie alles, 
was Sie haben wollen. 
Abg. Hirsch-Berlin (Sd.): Ich beschränke mich auf eine Erklärung, 
daß wir den Antrag der Konservativen einer näheren Erörterung über- 
haupt nicht für würdig halten. 
In der Abstimmung über den 8§ 3a, den die Konservativen ein- 
fügen wollen, und der die öffentliche Abstimmung wieder herstellen soll, 
stimmt das Zentrum geschlossen gegen den konservativen Antrag. Die 
Nationalliberalen, die Volkeparteiler und Sozialdemokraten nehmen an 
der Abstimmung überhaupt nicht teil. Die Freikonservativen stimmen, mit 
Ausnahme eines kleinen Teils, für den Antrag. Von den Konservativen 
erklärt ein großer Teil die Stimmenthaltung. Von den Freikonservativen 
stimmen mit Nein: v. Oertzen, Paulsen, Peters, Rehren, Dr. Wagner, mit 
Nein auch die Konservativen: Carow, Metzenthin, v. Schönaich und Woll- 
kowski. Das Resultat der Abstimmung ergibt 62 Stimmen für den An- 
trag, 124 dagegen und 19 Stimmenthaltungen. Der Antrag wird unter 
stürmischem Gelächter der Linken als abgelehnt erklärt. Bemerkenswert 
war die Verteilung der konservativen Fraktion mit ihren 152 Mitgliedern.
	        
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