Das Denisqhe Reith und seine einzelnen Glieder. (Mai 10.) 275
und Arbeitsbedingungen der Kaliarbeiter gegen Verschlechterung, Gleich-
stellung aller Großabnehmer hinsichtlich der Rabatte usw. An den § 1
„Kalisalze dürfen von Kaliwerksbesitzern nur nach Maßgabe der Bestim-
mungen dieses Gesetzes abgesetzt werden“ knüpft sich eine allgemeine Be-
sprechung. Kompromißanträge aller Parteien mit Ausnahme der Volks-
partei ändern die Kommissionsbeschlüsse in einer Reihe von Punkten ab,
sie betreffen aber nicht die wesentlichsten Bestimmungen. In § 1 werden
die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bestehenden Sonderfabriken
(Weiterverarbeitung der Rohsalze) den Kaliwerken ausdrücklich gleichgestellt.
Abg. Dr. Heim (3.): Was Ihnen vorliegt, ist etwas anderes, als
was die verbündeten Regierungen Ihnen vorgelegt haben. Danach sollte
es lediglich ein Gesetz sein zum Schutz der Industrie; es enthielt keinerlei
Vorsichtsmaßregeln, wenigstens nicht hinreichende, zum Schutze der Kon-
sumenten, des Handels und der Arbeiter. Dafür hat die Kommission ge-
sorgt. Sie wollte kein Dividendengesetz machen, sondern im Gegenteil einer
rücksichtslosen Ausbeutung der Konsumenten und der Arbeiter einen Riegel
vorschieben. Durch die degressive Aussperrungsfrist bei der Quotenbeteiligung
wird die Neugründung von Werken erheblich erschwert. Der Redner wendet
sich scharf gegen die Preisberechnungen des Syndikats. Die Leute müssen
uns im Reichstag für komplette Idioten gehalten haben, wenn sie glaubten,
daß wir auf diesen Schwindel hereinfallen würden. Wenn Schmidtmann
in der Lage ist, Kali zu 89 Pfennig nach dem Ausland zu liefern, dann
wird es das Syndikat doch hoffentlich zu 1,24 Mark können und zum
doppelten Preise für das Inland. Eine ungeschicktere Vertretung von
Interessen wie durch das Kalisyndikat ist mir noch nicht vorgekommen.
Man muß ja so eigentlich Gegner dieser Leute werden; aber warum soll
man wegen ihrer Dummheit andere büßen lassen! Der Redner geht auf
die wesentlichsten Punkte der Vorlage ein: die neue der süddeutschen Land-
wirtschaft große Vorteile bringende Aenderung der Frachtbasis, die Be-
seitigung der differentiellen Behandlung der Händler, die Aufnahme der
sozialpolitischen Bestimmungen in das Gesetz usw. Auch diese Arbeiter-
paragraphen sind eine Folge der ungeschickten Vertretung des Syndikats,
dessen Drohung, die Preisermäßigung auf die Arbeiter abwälzen zu wollen,
sofort alle Meinungsverschiedenheiten in der Kommission beseitigte. Ver-
kürzung des Lohnes, Verlängerung der Arbeitszeit haben eine zehnprozentige
Kürzung der Beteiligungsquote zur Folge. Die Vorschrift, daß diese Be-
stimmung nicht gilt, wo zwischen Werk und Arbeitern Verträge abgeschlossen
sind, wird den Abschluß von Tarifverträgen wesentlich fördern. Das Ge-
setz ist nach allen diesen Richtungen ein vollständiges Novum. Der Reichs-
tag hat noch nie ein Gesetz gemacht, das so tief eingreift in das Wirtschafts-
leben, in die ganzen Verhältnisse einer Industrie. Ob die Industrie selbst
damit zufrieden sein wird, bezweifle ich. Die „saueren Zeiten“ sind zu
Ende; ich glaube, die Leute, die nach dem Gesetz gerufen haben, werden
jetzt klagen: Varus, Varus, gib mir meine Quoten wieder! Aber dazu
ist es zu spät! Gewiß läßt das Gesetz einen großen Prozentsatz Unsicher-
heit über; die Industrie wird Hintertürchen finden, und ihr merkwürdig
ruhiges Verhalten trotz der Belastung läßt darauf schließen, daß sie schon
solche gesunden hat, von denen wir noch nichts wissen. Aber schließlich sind
wir ja auch noch da und können die hohlen Zähne plombieren. Das Wichtigste
an dem Gesetz ist: der Verschleuderung von Kali in das Ausland wird ein
Riegel vorgeschoben. Wir haben das Gute genommen, wo wir es bekamen.
Abg. Dove (Vp.): Der Vorredner bezeichnete es als etwas Neues,
daß wir hier einen Entwurf bekommen haben, der mit dem, den die Re-
gierung vorgelegt hat, gar nichts mehr zu tun hat. Jetzt ist das eigentlich
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