Das Denlsche Reiqh und seine einjelnen Slieder. (Januar 13.) 27
Dr. Lisco auf die starke Zuziehung des Laienelements hin und auf
die größere Rücksichtnahme gegenüber dem Beschuldigten und seinem
Verteidiger.
Eine neue Regelung erfahre der Zeugniszwang gegenüber der Presse.
Die bisherige Praxis habe dazu geführt, über den Zeugnispflichtigen Maß-
regeln zu verhängen, die zu der Hedentung der Strafsachen in keinem an-
gemessenen Verhältnis stehen. Der Entwurf der Strafprozeßordnung gebe
den Redakteuren, Verlegern und Druckern sowie dem technischen Hilfspersonal
das Recht, die Auskunft zu verweigern unter der Voraussetzung, daß ein
Redakteur wegen des Inhaltes des Artikels bestraft ist oder seiner Bestrafung
kein Hindernis entgegensteht. Begründe jedoch der Inhalt des Artikels
3. B. den Tatbestand einer öffentlichen Aufforderung zum Hochverrat usw.,
so dürfen der Ermittelung des Verfassers oder Einsenders keine Schranken
gesetzt sein. Schließlich sucht die Vorlage der Jugendfürsorge besondere
Rechnung zu tragen. Nach längerer Debatte werden die Gesetzentwürfe am
15. Januar einer Kommission zur Vorberatung überwiesen.
13. Januar. (Bayern.) Kammer der Abgeordneten. In
der Generaldebatte über den Etat kam der Ministerpräsident Frhr.
v. Podewils nach einem längeren Rückblick auf die Finanzreform
des Reiches auch auf verschiedene andere Reichs= und Landesfragen
zu sprechen.
Der diplomatische Ausschuß zeige jetzt eine regelmäßige Betätigung.
Den Ausgang des Falles Tremel bezeichnete der Minister als einen er-
freulichen. An die Regierung sei übrigens die Angelegenheit nicht heran-
getreten. Die Exkommunikation durch das Ordinariat sei nicht angedroht
worden. Die Kirchenbehörde hat lediglich auf gewisse Vorschriften von 1869
hingewiesen. (Zuruf l.: Wahrung der Krourechte.) Den Fall Geith be-
rührte der Minister nur allgemein. Eine Nebenregierung gebe es in Bayern
nicht, früher und jetzt nicht. General v. Wiedemann als Chef der Geheim-
kanzlei sei durchaus korrekt verfahren. Man habe eine programmatische
Erklärung über die Meinungsfreiheit der Beamten vermißt. Die Regierung
sei die letzte, die den Beamten das Bedürfnis ihrer religiösen Ueberzeugung
verüble. Daß das Verhalten der Regierung im Falle Brentano davon ab-
weiche, treffe nicht zu. Diese Angelegenheit unterstehe jetzt dem Ressort-
minister. Was für Geith gelte, gelte natürlich auch für Brentano. Was
über die Sitzungen des Ministerrats verbreitet worden sei, erklärt der
Ministerpräsident als eine haltlose Kombination. Abstimmungen seien im
Ministerrat selten und in dem Falle Geith habe Anlaß zu einer Abstim-
mung auch nicht vorgelegen. Parteipolitische Verhältnisse im Landtage
könne natürlich die Regierung nicht ignorieren. Nur dann könne man von
einer Schwäche der Regierung sprechen, wenn sie sich gegen ihre eigene
Ueberzeugung bestimmen ließe. Von diesem Standpunkt sei aber die Re-
gierung nie abgewichen und darauf werde er weiter verharren, solange er
im Amt sei.
Verkehrsminister v. Frauendorfer gibt zu dem Falle Geith noch
einige Erörterungen. Die religiöse Kundgebung des Ministerialdirektors
v. Geith habe offenbar einen politischen Einschlag gehabt. Aber den Be-
amten sei selbstverständlich nicht verwehrt, von ihren staatsbürgerlichen Rechten
Gebrauch zu machen. Voraussetzung sei natürlich, daß nicht gegen die Ge-
setze verstoßen werde und die Beamten dabei nicht in Widerspruch mit ihren