348 Nas Venische Reich und seine einzelnen Glieder. (September 18.—24.)
Aber, Parteigenossen, wir wollten dabei die folgende Erklärung abgeben:
Wir bedauern, daß wir das Budget ablehnen müssen. (Großer Lärm b. d.
Mehrheit.) Jawohl, wir bedauern, daß wir gezwungen sind, das Budget
mit Rücksicht auf die Worte des Ministers abzulehnen. Später hat dann
err v. Bodman jene zweite Rede gehalten, in der wir eine materielle
Lerüchobetn der ersten Aeußerung sahen. Bebel meint, diese Rede sei
inhaltslos gewesen. Aber warum haben sich denn die Schwarzen und die
Gelben über die Rede so ausgeregt? Gegen Herrn v. Bodman sind fast
ebensoviele Resolutionen gefaßt worden wie gegen uns. Ueber die Ver-
breitung monarchistischer Gelüste in Baden herrschen die abenteuerlichsten
Vorstellungen. Wir müssen uns den Verpflichtungen unterwerfen, die uns
die Geschäftsordnung auferlegt, mehr nicht. Es gibt Grenzfälle und da
können wir uns kameradschaftlich auseinandersetzen. Diese Frage der Mon-
archie steht im übrigen für uns nicht im Vordergrund."“
Er empfiehlt die Annahme folgender, von 113 Delegierten (meist
Süddeutschen) unterstützten Resolution: Um die Wiederholung der Konflikte
zwischen einzelnen Landtagsfraktionen und der Gesamtpartei zu verhindern,
beschließt der Parteitag, eine Kommission zum Studium der budgetrechtlichen
Verhältnisse des Reichs und der Bundesstaaten einzusetzen. Dieser Kom-
mission sollen außer einem Delegierten des Parteivorstandes Vertreter der
Parteiorganisationen aller Bundesstaaten angehören. Das von der Kom-
mission gesammelte und durchberatene Material ist rechtzeitig vor dem
nächsten Parteitage zu veröffentlichen.
Zubeil begründet den Verschärfungsantrag. „Nach unten nimmt
man keine Rücksicht, da gilt der Satz: Wer sich nicht fügt, der fliegt. Nach
oben aber drückt man ein Auge zu. Gegen dieses Messen mit zweierlei
Maß protestieren wir. Wer nicht bei uns bleiben will, der mag hinaus-
gehen. Die Türen stehen ihm weit offen. (Beif. b. d. Mehrheit.) Wir
zwingen niemanden. Wäre es nach den Berliner Parteigenossen gegangen,
dann wären die Resolutionen noch viel schärfer ausgefallen. Ohne die
Munition der Berliner und Hamburger könnten die Süddeutschen keinen
einzigen Wahlkampf führen.“
Arbeitersekretär Engler-Freiburg: „Von Zubeil habe ich keine
andere Tonart erwartet. Wenn die Berliner kein anderes Mittel haben,
mit ihren Geldmitteln schrecken sie uns nicht. (Lärm b. d. Mehrheit, stürm.
Beif. b. d. Minderheit.) Wir sind imstande, unseren Kampf selbst zu be-
zahlen. Wir sind ebenso opferwillig wie die Berliner.“
Im Auftrage des Parteivorstandes erklärt Bebel im Schlußwort
den Antrag Zubeil für unannehmbar. Frank reizt die Opposition durch
die Konstatierung, daß der Antrag Zubeil unterschrieben und eingereicht
war, bevor der Angeklagte gehört war. Er schließt: „Der Parteivorstand
hat durch seine Erklärung die Partei vor einer Blamage bewahrt. Wir
bitten hier nicht um Gnade, sondern wollen unser Recht. Ueber unsere
Haltung in der Zukunft erkläre ich: Wir haben selbstverständlich das aller-
größte Interesse daran, daß die Partei einig und geschlossen bleibt, und
wir werden in jeder Richtung das Unfrige tun, um dafür zu sorgen, daß
das geschieht. Aber keiner von uns kann Ihnen heute sagen, was in den
Budgetabstimmungen der nächsten Jahre geschehen wird. Das wird von
den Verhältnissen abhängen.“ (Lebhafter Beifall b. d. Südd.)
Nach einer Pause wird der erste Teil der Resolurion Bebel mit 266
gegen 106, der zweite Teil mit 301 gegen 71, die ganze Resolution mit
289 gegen 80 Stimmen angenommen. Der süddeutsche Antrag betreffend
die Studienkommission wird mit großer Mehrheit abgelehnt. Zubeil und
Genossen beantragen nunmehr, den Satz des Parteivorstandes, daß im