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angeschlossen hat, gibt doch sehr zu denken. Staatsverwaltung und politische
Körperschaften werden gut tun, dafür zu sorgen, daß der Funke, der viel-
leicht hier vorhanden ist, nicht zu einem Feuer ausbricht.
Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: An Tarifermäßigungen bei
der Eisenbahn können wir zurzeit nicht denken. Es versteht sich von selbst,
daß wir für jeden Weg dankbar sind, der uns zu einer immer besseren
Erfassung des Einkommens und Vermögens führt. Es ist ja in der Tat
ein eigentümliches Bild, daß wir, die wir jahraus, jahrein für eine solche
strenge Erfassung gekämpft haben, hier im Landtag immer gescholten
worden sind, daß wir viel zu viel Erklärungen beanstanden, und nun
plötzlich hören, daß die Veranlagungsbehörden das Gegenteil täten. Ich
glaube, daß die Steuerveranlagungsbehörden ein gutes Gewissen haben
und daß namentlich der Vorwurf einer absichtlichen oder fahrlässigen Unter-
schätzung auf dem Lande durchaus unbegründet ist. Es sind eine ganze
Anzahl von Fällen in den einzelnen Zeitungen angeführt worden. Wir
haben es selbstverständlich für unsere Pflicht erachtet, diesen Fällen nach-
zugehen, und was hat sich herausgestellt?, daß die Veranlagung in all
diesen Fällen vollkommen richtig erfolgt ist. Seit 1892 bis 1908, also in
16 Jahren, ist die Zahl der Steuerpflichtigen von 2,44 Millionen auf
5,88 Millionen gestiegen, das Veranlagungssoll von 121 Millionen auf
273 Millionen, also um 190 Prozent. Das Veranlagungssoll der physischen
Personen ist auf dem Lande von 30 auf 60 Millionen gestiegen. Das ist
in erster Linie wohl ein Zeichen unseres steigenden Wohlstandes, aber es
ist auch unzweifelhaft, daß zu diesem Steuerergebnis die Nachprüfung der
Veranlagungsbehörden sehr beigetragen hat. Im Jahre 1909 sind von
720 000 abgegebenen Steuererklärungen 33 Prozent beanstandet worden.
Früher hätte man das unerhört gefunden, jetzt findet man das noch zu
wenig. Durch diese Beanstandungen sind nicht weniger als 345 Millionen
Einkommen mehr erfaßt worden, wodurch 11,6 Millionen mehr an Ein-
kommensteuer aufgebracht worden sind, die ausgefallen wären, wenn die
Beanstandung nicht erfolgt wäre. Infolge der Nachprüfung sind seit diesen
16 Jahren nicht weniger als 3 Milliarden Einkommen mehr durch die
Steuer erfaßt worden mit einem Gesamtertrage von 106 Millionen Ein-
kommensteuer. Auf dem Lande ist die Veranlagung der physischen Personen
in diesem Zeitraum allein um 99 Prozent gestiegen. Herr Dr. Friedberg
hat die Frage der inneren Kolonisation Schleswig- Holsteins gestreift. Wir
beabsichtigen, uns an der neugegründeten Ansiedlungsgesellschaft zu be-
teiligen. Zuletzt kann ich Herrn Dr. Friedberg noch antworten, daß ein
Gesetz über die Tagegelder der Beamten in Vorbereitung ist und hoffent-
lich noch im Laufe dieser Session an den Landtag kommen wird.
Abg. Hirsch (Sd.): Wir schließen uus dem Mißtrauensvotum der
Polen für den wieder abwesenden Ministerpräsidenten an. Für uns ist
er aus seiner Tätigkeit als Minister des Innern und Staatssekretär kein
homo novus, er ist für die Dreiklassenwahl und mitschuldig an der Steuer-
belastung des Volkes. Wir danken auch für den Großblock, wenigstens in
Preußen. Vor allem lehnen wir eine Ehe mit den Nationalliberalen ab,
wir sind allein viel stärker als bei einem Bündnis mit unsicheren Kan-
tonisten. Die Finanzlage ist schlecht, aber nicht wegen der Beamten-
aufbesserung. Die Staatsarbeiter werden noch viel zu schlecht entlohnt,
obenein werden sie von den Vorgesetzten politisch geknebelt. Zögen wir
die großen Vermögen wirklich entsprechend bei der Steuerveranlagung
heran, so wäre das Defizit aus der Welt geschafft. Die Forderungen des
Zentrums laufen auf eine Verdummung des Volkes hinaus. Daher auch
die Gegnerschaft gegen Ferrer, der mehr für die Aufklärung des Volkes