Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

438 Deas Penisqhe Reiq und seine einjeluen Glieder. (Dezember 12.) 
um 5 Millionen zurückgegangen, wobei ich allerdings darauf hinweise, daß 
die Diamantenfunde uns Einnahmen gebracht haben, deren Regelmäßigkeit 
in den nächsten Jahren noch lange nicht feststeht. Ich halte es für meine 
Pflicht, das schon jetzt zu betonen. Vorsicht wird allerdings nölig sein, 
wenn die Finanzlage gut bleiben soll. Es werden erhebliche Lasten ent- 
stehen dadurch, daß die Eisenbahnen zu finanzieren und zu verzinsen sind. 
Die Ausfuhr der Schutzgebiete ist 1903 bis 1906 um 11,3 von 1906 bis 
1909 um 16,3 Millionen gestiegen. Sie wird sich weiter günstig entwickeln. 
Auch die Einfuhr hat sich verbessert und erfreulich dabei ist, daß die 
Einfuhr des Alkohols abgenommen hat. Im Etat für 1911 werden 
wiederum, um keinen Stillstand eintreten zu lassen, neue Anleihen ge- 
fordert werden. Zugangswege zu den neuen Bahnen müssen in großer 
Menge gebaut werden. Es ist zu hoffen, daß das den Bahnen neue Ab- 
satzmöglichkeiten eröffnet. 
Im Hinblick auf die Reform des Kongostaates und die Bekämpfung 
der Schlafkrankheit werden neue Maßnahmen nötig, die alle Geld erfordern. 
Die Usambarabahn hat über die Betriebskosten und die Rücklagen hinweg 
eine einprozentige Verzinsung gebracht. In Kamerun ist die Bahn fast 
fertiggestellt und wird auch voraussichtlich die Betriebskosten gleich decken. 
Die Mittellandbahn schreitet nicht allzu schnell vorwärts infolge der 
großen Geländeschwierigkeiten, dagegen geht der Ausbau des wichtigen 
Hafens in Duala stetig voran. Wenn die Bauunternehmungen in Kamerun 
auch alle Kräfte in Anspruch nehmen, so müssen doch auch andere Bahn- 
vorschläge im Süden der Kolonien geprüft werden. In Togo wird die 
Bahn bald Atakpame erreicht haben. Eine Verzinsung des Anlagekapitals 
von 1,8 Prozent ist schon erreicht worden. In Südwestafrika wird die 
Bahn über Windhuk hinaus jetzt gebaut, nachdem der Landesrat die Trace 
festgelegt hat. Die Südbahn hat nicht soviel Zuschüsse erfordert. Für 
das Jahr 1911 werden wir mit dem geringen Zuschuß von 142000 Mark 
zu rechnen haben. Der Bau einer Landungsbrücke in Swakopmund ist 
geplant. Es wird schwer werden, für die Schutzgebiete die großen An- 
forderungen zu erfüllen, die ihnen durch Anleihen auferlegt worden sind. 
Um so schwieriger ist es, für die Bahn und ihre Rentabilität zu sorgen; 
Zufuhrstraßen und Hebung der Landwirtschaft sind nötig. Eine Reihe 
von landwirtschaftlichen Assistenten ist eingestellt worden. Eine Kautschuk- 
inspektion ist eingerichtet worden, um auch dieser Frage Aufmerksamkeit zu 
widmen. Neue Krankenstationen sollen angelegt und die Mittel aus der 
Lotterie gewonnen werden. Die aussichtsreichen Versuche mit der Tabak- 
anpflan zung sollen fortgesetzt werden. Auch der Plantagenwirtschaft in 
Neuguinea soll Aufmerksamkeit gewidmet werden. Das umfangreiche 
landwirtschaftliche Programm soll durchgeführt werden mit Hilfe aller land- 
wirtschaftlichen Organisationen, auch in Deutschland, die uns bisher unter- 
stützt haben. Auch mit Bezug auf die übrigen wirtschaftlichen Gebiete er- 
hoffe ich Anregung von dem neugegründeten wirtschaftlichen Komitee. 
Wir müssen den Eingeborenen die Arbeit lieb und lohnend machen 
und sie dazu erziehen, getreu den Grundsätzen, denen mein Vorgänger in 
ganz besonderer und beredter Weise Ausdruck verliehen hat. In einer 
gerechten Eingeborenenbehandlung soll das Menschenmaterial unserer Kolo- 
nien gut nutzbar gemacht werden und ich wünsche, daß auch von dem 
höheren ethischen Gesichtspunkte aus die Würde einer kulturell so hoch- 
stehenden Nation wie der deutschen gewahrt wird. Damit ist nicht gesagt, 
daß wir allen Wünschen der Eingeborenen nachgeben müssen, aber Grau- 
samkeiten und Ausschreitungen gegen die Eingeborenen werden mit aller 
Schärfe bestrast werden. (Lebhafter Beifall.) Das System der Eingeborenen-
	        
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