Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

Das Denisthe Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 15. 16.) 447 
15. Dezember. (Magdeburg.) Landtagsersatzwahl. 
Einstimmige Wiederwahl des Abg. Schiffer (Nl.). 
15. Dezember. (Preußen.) Landtagsersatzwahl. 
In Posen 7 wird Rechtsanwalt Trampozynski (P.) gegen Land- 
schaftsrat Günther (Rp.) mit 372 gegen 101 Stimmen gewählt. 
15. Dezember. Das „Deutsche Kolonialblatt“ widmet dem am 
9. November in Wadai gefallenen französischen Oberstleutnant 
Moll einen warmen Nachruf. 
15. Dezember. (Berlin.) In der Stadtverordnetenversamm- 
lung wird der Etat der Heim-, Heil- und Erholungsstätten für 
Kinder nach scharfer Debatte angenommen, nachdem eine Schiebung 
von 72800 Mark durch den Stadtrat für das Armenwesen bemängelt 
worden war. 
16. Dezember. (Berlin.) Politik in Studentenversammlungen. 
In einer von 16 Reichstagsabgeordneten einberufenen Akademiker- 
versammlung, in der über die Sitellungnahme der Berliner Studentenschaft 
zur Sozialdemokratie diskutiert werden sollte, kommt es zu großem Lärm, 
als Dr. Henrici aus Leipzig seine Behandlung in einer Versammlung der 
Leipziger Freien Studentenschaft zum Gegenstand eines Protestes machen 
wollte. Er sei dort aus dem Saale gewiesen worden, weil er nach einem 
Vortrag des sozialdemokratischen Parteiführers Bernstein plötzlich ein Kaiser- 
hoch ausgebracht hatte. In Halle wird eine bereits genehmigte Versamm- 
lung der Freien Siudentenschaft, in der Abg. Südekum über das sozial- 
demokratische Programm sprechen wollte, vom Rektor untersagt. 
16. Dezember. (Mecklenburg-Schwerin.) Landesausschuß 
in Malchin. 
Die Bürgermeister lehnen den geforderten Beitrag von 1800000.4 
aus der Landessteuerkasse zu den Verwaltungekosten ab, während die Ritter 
sich bercit erklärten, 1200000 „K zu zahlen. 
16. Dezember. Der Verfassungsentwurf für Elsaß-Lothringen 
wird vom Bundesrat einstimmig genehmigt. 
Folgende Veränderungen sind vorgesehen: 
1. Die Ernennung des Statthalters durch den Kaiser bedarf 
als ein Akt der Reichsgewalt der Gegenzeichnung des Reichskanzlers. So- 
bald der Statthalter ernannt ist, sind alle weiteren Akte, insbesondere die 
Uebertragung landesherrlicher Befugnisse des Kaisers auf ihn, Akte der 
dem Kaiser zustehenden landesherrlichen Hoheit und werden als solche nicht 
vom Reichskanzler, sondern vom Statthalter selbst gegengezeichnet, der damit 
die Verantwortlichkeit übernimmt. Der Statthalter wird, soweit es sich 
nicht um die Ausübung landesherrlicher Befugnisse handelt, durch den 
Staatssekretär vertreten, der in dieser Eigenschaft die Rechte und Verant- 
wortlichkeit in dem Umfange hat, wie ein dem Reichskanzler nach Maß- 
gabe des Stellvertretungsgesetzes vom 17. März 1878 substituierter Stell- 
vertreter sie besitzt. 
2. Landesgesetze für Elsaß-Lothringen werden künftighin nur vom 
Kaiser mit Zustimmung des aus zwei Kammern bestehenden Landtags
	        
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