468 Tie Serreichisch-ungerische Monarchie. (Juli 25.—August 18.)
sichten erfolgen werde. Zu den Beschwerden über Wahlmißbräuche bemerkte
der Ministerpräsident, die geschlagene Partei sollte Einkehr halten und zu-
geben, daß die öffentliche Meinung sich von ihr abgewendet habe, so wie
er selbst bescheiden eingestehe, daß der Sieg der Regierungspartei nicht so
sehr der Begeisterung für sein Programm zu danken, sondern auf die große
Unzufriedenheit und Enttäuschung zurückzuführen sei, die das Koalitions-
regime erweckt habe. (Stürmischer Beifall.)
25. Juli. (Böhmen.) Ein in Zwodau abgehaltener deutscher
Volkstag beschließt einmütig, mit allen Mitteln den deutschen
Charakter des Egerlandes aufrecht zu erhalten.
26. Juli. Abschluß des österreichisch-serbischen Handelsvertrages.
27. Juli. (Marienbad.) Zusammenkunft des Grafen
Ahrenthal mit dem Staatssekretär des Deutschen Reichs v. Kiderlen-
Wächter.
Das „Fremdenblatt" schreibt dazu u. a.: „Die allgemeine politische
Lage hat sich in erfreulicher Weise geklärt und beruhigt, und namentlich
Deutschlands Beziehungen zu den Weststaaten sind in der günstigsten Ent-
wicklung, von der soeben erst die bedeutsame Rede des Ministerpräsidenten
Asquith über die Flottenrüstungen Zeugnis gegeben hat. Ein günstiges
Prognostikon darf man auch für die Balkansituation stellen, und die gemein-
same Auffassung der deutschen und der österreichisch-ungarischen Politik,
welche zu Ende des vorigen Sommers bei Herrn v. Bethmann Hollwegs
Antrittsbesuch in Wien festgestellt wurde, hat keine Veränderung erfahren
weder bezüglich der Türkei noch bezüglich Kretas. Es liegt demnach für
die verbündeten Kaisermächte kein Grund zu einer neuerlichen Stellung-
nahme vor. Die Lage in der Türkei ist allerdings nicht frei von Schwierig-
keiten. Das Werk der inneren Konsolidierung setzt sich aber ungeachtet
solcher Schwierigkeiten, wie sie sich einerseits neuerdings in Albanien und
Makedonien durch Nationalitätenfragen, andererseits durch einen bisweilen
zu stark betonten türkischen Nationalismus ergaben, doch stetig durch.
Oesterreich-Ungarn und das Deutsche Reich verfolgen diese Entwicklung mit
vollen Sympathien für den türkischen Verfassungsstaat.“
28. Juli. (Nieder-Osterreich.) Die tschechische Gemeinde-
vertretung Themenau wird wegen deutsch-feindlicher Ausschreitungen
aufgelöst und durch einen Regierungskommissar ersetzt.
2. August. (Böhmen.) In Tannwald bei Gablonz werden
mehrere Deutsche aus Nationalhaß von Tschechen überfallen und
durch Messerstiche schwer verletzt.
8. August. (Krakau.) Attentat.
Ein Mann, namens Trubnowski, erschießt auf offener Straße den
Beamten des polnischen Schulvereins Rybak, weil durch diesen russischen
Spion und agent provocateur viele Unschuldige nach Sibirien gekommen
seien. Der Mörder gibt an, im Auftrage der polnischen Arbeiterpartei
gehandelt zu haben.
18. August. Kaiser Franz Joseph wird 80 Jahre alt.
Er begnadigt 20 wegen politischer Aufreizung und Majestätsbeleidi-
gungen verurteilte Personen.