Bie Serreichisch-ungarische Menarthie. (Oltober 13.—14.) 473
Mit dem Königreich Bulgarien wird eine Revision des gegenwärtig
auf der Meistbegünstigung beruhenden Verhältnisses in wohl nicht allzu
ferner Zeit erfolgen. Der Rahmen für definitive kommerzielle Vereinbarung
mit der Pforte wurde im Ententeprotokoll vom Februar 1909 festgelegt,
und die Arbeiten wegen Abschlusses eines neuen Handelsvertrages werden
nach Beendigung der von der ottomanischen Regierung mit anderen Kabi-
netten geführten Pourparlers ohne Verzug beginnen können. In dem Zu-
standekommen von Handelsverträgen mit unsern Nachbarn im Südosten
erblicke ich auch vom rein politischen Gesichtspunkt aus ein willkommenes
Mittel für eine glückliche Förderung der so entwicklungsfähigen Beziehungen
zu diesen Staaten.
Wie seinerzeit die Erhebung Bulgariens zum Königreiche, so haben
wir auch die Erhöhung Montenegros, welche kürzlich anläßlich des fünfzig-
jährigen Regierungsjubiläums seines verdienstvollen Herrschers erfolgte, mit
Sympathie begrüßt und gerne gleich den anderen Mächten anerkannt.“
Der Minister äußerte nochmals seine Freude über die friedliche
Lösung des wichtigen bosnischen Problems, erinnerte aber auch an das Wort
Guizots, wonach es in der Welt nichts Fertiges gibt, wir vielmehr jeden
Tag von vorne anfangen müssen und unser Leben eine unabläßliche An-
strengung für einen immer unvollständigen und unsicheren Erfolg ist, und
schloß: „Wir wollen diesen Ausspruch uns zu eigen machen, indem wir
unverdrossen an unserer inneren Erstarkung und an der Erhaltung unserer
Machtstellung nach außen weiter arbeiten. Dieses Ziel wird aber nur dann
als sichergestellt betrachtet werden können, wenn wir über eine schlag-
fertige Armee und Flotte verfügen. Eine äußere Politik, will sie erfolgreich
sein, kann diese beiden Faktoren nicht missen. Ich gestatte mir also, die
zuversichtliche Erwartung auszudrücken, daß auch den Voranschlägen der
Kriegs- und Marineverwaltung die Genehmigung erteilt werden wird."“
13. Oktober. Da den italienischen 23 Bataillonen der alten
Truppen an der Grenze nur 13 österreichische gegenüber stehen, so“
wird die Errichtung eines weiteren Kaiserschützen-Regiments mit
3 Maschinengewehr-Abteilungen am Isonzo verfügt.
14. Oktober. Ausschuß für Außeres der österreichischen De-
legation.
Kramarz vertritt die Anschauung, daß Oesterreich die Annexions-
frage vor eine europäische Konferenz hätte bringen sollen und von dieser
nichts zu fürchten gehabt hätte. Er fragt, ob in Buchlau auch über die
Form der Durchführung der Annexion gesprochen wurde und diesbezüglich
irgendwelche Abmachungen getroffen wurden. Die Slaven wünschen ein
inniges Verhältnis zwischen Oesterreich und Rußland, weil sie darin ein
Gegengewicht gegen das deutsche Bündnis und die innere österreichische
Politik erblicken. Oesterreich ist für absehbare Zukunft an Deutschland
geradezu gekettet und hat jede Bewegungsfreiheit verloren. Umsonst, ohne
das geringste Opfer und für uns ziemlich überflüssigerweise, hat sich
Deutschland unsere ewige Dankbarkeit gesichert. Im Wiener Rathause
wurde von „schimmernder Wehr“ gesprochen. Der Byzantinismus des
Wiener Rathauses hat allerdings schon schöne Phrasen verdient. Es muß
offen und laut vor aller Welt gesagt werden, daß wir Slaven mit all
diesem Byzantinismus gar nichts zu tun haben wollen. Wir protestieren,
daß das Wiener Rathaus, die Wiener Straße und die Wiener Zeitungen
für Oesterreich gehalten werden. Oesterreich muß auch in der auswärtigen