Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

486 VPerinzal. (Oktober 20.—November 9.) 
20. Oktober. Münzskandal. 
Der Direktor der staatlichen Münze J. de Lima erschießt sich, als 
er vor den Untersuchungsrichter zitiert wird, um über die Anklage ver- 
nommen zu werden, daß die Beamten der Münze viele Jahre lang Silber- 
geld für sich haben prägen lassen, um den Schlagschatz von 35% in die 
eigene Tasche zu stecken. 
21. Oktober. Auf englischen Vorschlag einigen sich die Mächte, 
bei der Anerkennung der neuen Regierung pari passu vorzugehen. 
Der Nuntius verläßt Portugal. Die Prälaten haben sich sämtlich 
der Republik angeschlossen. 
24. Oktober. Die Botschaft beim päpstlichen Stuhl wird in 
eine Gesandtschaft umgewandelt. 
27. Oktober. Die provisorische Regierung erklärt, daß die 
Kämpfe vom 3.—5. Oktober als Heldentaten betrachtet werden 
sollen und begnadigt die wegen Disziplinlosigkeit bestraften Soldaten. 
Die gerichtliche Untersuchung ergibt, daß Admiral Reis sich aus 
Schmerz über die Meuterei der Matrosen erschossen habe. 
31. Oktober. Der ehemalige Diktator Franco wird gegen eine 
Kaution von 1 Million Franken aus der Untersuchungshaft entlassen. 
Er ist angeklagt, durch seine Dekrete die Ausübung von Landes- 
geseden verhindert und die Schulden des Königs Carlos mit Krongütern 
eglichen zu haben. 
1. November. Der frühere Justizminister unter Franco, 
Teixeira de Souza, wird auf seinem Schloß Cavairas bei Coimbra 
wegen ähnlicher Beschuldigungen wie früher der Diktator Franco 
verhaftet. 
3. November. Die letzten 50 Jesuiten flüchten nach den 
Niederlanden. 
4. November. Veröffentlichung des Ehescheidungsgesetzes, das, 
über das deutsche und französische Recht hinausgehend, den über- 
einstimmenden Wunsch beider Gatten als genügenden Scheidungs- 
grund gelten läßt. Das Gesetz tritt sofort in Kraft. 
9. November. Nachdem Deutschland schon am 31. Oktober 
in geschäftliche Beziehungen zur provisorischen Regierung getreten 
war, ohne damit die Republik anzuerkennen, überreichen die Ge- 
sandtschaften Englands, Spaniens, Frankreichs, Rußlands, Belgiens 
und Norwegens Noten im gleichen Sinne. Der deutsche Gesandte 
überreicht tags darauf eine gleiche Note. Die Lissaboner Bevölke- 
rung bringt dem diplomatischen Korps am Abend des 10. November 
einen Fackelzug.
	        
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