490 Spanien. (März 10.—Mai 9.)
10. März. (Madrid.) Gegen die Klerikalen.
Bei einem Bankett, das zu Ehren Sagastas veranstaltet wurde, hielt
Ministerpräsident Canalejas eine Rede, in welcher er an die Union aller
linken Parteien den Appell richtete, dem massiven Block der Rechten die
Stirn zu bieten, damit die Regierung die wachsende Invasion des Klerika-
lismus bekämpfen könne.
Mitte März. Der Kampf um die Schule.
Zahlreiche Versammlungen für und gegen die Laienschulen spalten
die Bevölkerung der Städte in eine katholische und eine antiklerikale Partei.
Für die Laienschulen sind große Massen der Bevölkerung in Madrid, Gandia,
Granada, Jerez, gegen sie in Saragossa, Tarragona, Liria, San Sebastian,
Oviedo und Granollers.
22. März. Prinz von Ratibor und Corvey überreicht dem
König sein Beglaubigungsschreiben als deutscher Botschafter.
2. April. Der Unterrichtsminister beantragt im Ministerrat
zunächst die Begründung von 500 neuen Volksschulen, denen dann
allmählich weitere folgen sollen.
6. April. Friedensvermittelung in Südamerika.
Da der König von Spanien zum Schiedsrichter in dem zwischen
Ecuador und Peru schwebenden Konflikt gewählt war, bot die Regierung
beiden Republiken ihre guten Dienste für die Schlichtung des Streites an.
10. April. (Valencia.) Für religiöse Freiheit.
Im überfüllten Theater Pizarro fand eine Kundgebung für die
Gewissens= und Kultusfreiheit statt. Den Vertretern der spanisch-evangelischen
Kirchen und der fortschrittlichen Parteien wurde begeisterter Beifall gespendet.
14. April. Der König unterzeichnet das Auflösungsdekret
für die Cortes.
Die Kammerwahlen finden am 8., die Senatswahlen am 22. Mai
statt. Die Eröffnung der neuen Cortes erfolgt am 15. Juni.
16. April. Ministerpräsident Canalejas erklärt, daß die Ver-
handlungen mit dem Vatikan über die Abänderung des Konkordats
wieder aufgenommen werden sollen.
9. Mai. Corteswahlen.
Im allgemeinen wird das übliche Verfahren befolgt, wonach die
Regierung und die Opposition sich im Vorwege in die Wahlsitze so ein-
teilen, daß die Regierungspartei zwei Drittel und die Opposition ein Drittel
der Mandate erhält. Gestört wurde diesmal die bisherige Gewohnheit durch
den Erfolg der Republikaner im Bunde mit den Radikalen und Sozialisten
in den großen Städten. Nach Auffassung der Regierung sind die Gewählten
in folgender Weise zu gruppieren: 230 Liberale, 104 Konservative, 45 Republi-
kaner und ein Sozialist. Der Rest verteilt sich auf Katholiken, Carlisten,
Regionalisten und Integristen. Die ministerielle Majorität soll die ver-
einigten Oppositionsparteien um 60 Stimmen übertreffen. Der Minister-
präsident erklärte, er sei erfreut über die Ruhe, mit der sich die Wahlen
vollzogen hätten. Das Bemerkenswerte ist der Zuwachs der Republikaner
um 15 Mandate.