Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

520 Grofbritannien. (November 6.—9.) 
6. November. (Dover.) Der deutsche Fünfmaster „Preußen“ 
(5081 t) scheitert nach einer Kollision mit dem englischen Passagier- 
dampfer „Brighton“, der die Post von New Haven nach Dieppe 
bringen sollte. 
Nach langen Anstrengungen der Bemannung, unter eigener Gefahr 
das Schiff zu retten, müssen alle Bergungsarbeiten aufgegeben werden. 
7. November. Durch Proklamation wird die Krönung des 
Königs Georg auf den 22. Juni 1911 festgesetzt. 
7. November. (Süd-Wales.) Kohlenarbeiterstreik. 
Bei den Kohlengruben von Glamorgan kommt es zu einem Kampfe 
zwischen den 5000 Ausständigen und der Polizei. Auch Frauen und 
Kinder werfen Steine. Die Polizei muß flüchten und die Streiker feiern 
ihren Sieg durch einen Triumphzug. 
9. November. Premierminister Asquith über Persien. General 
Freuch über Oberst Gaedke. 
Auf dem Lord-Mayors-Bankett erklärt Asquith, es habe einige 
Erregungen und Bewegungen an einigen Teilen des internationalen Horizonts 
gegeben, aber keine, die den Frieden unter den Großmächten zu stören drohe: 
„Wir sind stets bereit, uns anderen zur Erzielung der Beruhigung an- 
zuschließen. Wir haben keine Beweggründe, abenteuerliche Pläne zu fördern. 
Wir brauchen kein Abenteuer, sondern Beständigkeit und Frieden. Es ist 
eine gewisse Beunruhigung durch den so sensationellen wie unbegründeten 
Bericht verursacht worden, daß wir im Begriff seien, eine Politik aktiver 
Einmischung in die inneren Angelegenheiten Persiens zu beginnen. 
Die Tatsachen sind folgende: Seit einiger Zeit haben sich die Handels- 
straßen in Südpersien im Zustande größter Unsicherheit befunden. Die 
britischen Firmen forderten naturgemäß von uns, zu tun, was wir ver- 
möchten, um dem abzuhelsen. Wir stellten daher an die persische Regierung 
das dringende Ansuchen, daß, wenn sie nicht imstande sei, mit den eigenen 
Truppen diese Wege zu überwachen, sie ihre Zustimmung dazu erteilen 
sollte, daß eine persische Truppe unter dem Befehl von britischen Offizieren 
aufgestellt werde, die zu diesem Zweck von der indischen Regierung gestellt 
werden sollten. Für den Fall, daß ein Mangel an Geldmitteln die 
persische Regierung daran hindern sollte, die Ordnung wiederherzustellen, 
wie ich fast vermute, haben wir der persischen Regierung mitgeteilt, daß 
wir gern die Beschaffung von Geldmitteln auf irgendeine vernünftige 
Methode erleichtern würden, wenn der Betrag dazu verwendet werden 
würde, die Handelsstraßen zu überwachen und die Sicherheit aufrecht zu 
erhalten. Es ist unmöglich für ein Land, das in einen solchen Zustand 
der Schwäche und Verwirrung geraten ist, wie er in Persien nach der 
Absetzung des Schah bestand, sich selber ohne Unterstützung von außen 
wieder hinaufzubringen. Persien kann nicht wieder zur Stärke und 
Stabilität gelangen, wenn es eine Politik des Mißbrauchs und der Feind- 
seligkeit gegen seine unmittelbaren Nachbarn oder einen von ihnen ver- 
folgt."“ (Siehe Persien 9. November.) 
Für die Armee sprach General French, der sich über die Artikel 
des Manöverberichterstatters Gaedke im „Berliner Tageblatt“ ereifert, 
die als verleumderische Beleidigungen der englischen Armee bezeichnet und 
die vom deutschen Offizierkorps gewiß nicht gebilligt werden.
	        
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