Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

VI. 
Frankreich. 
4. Januar. (Das Sultanat Wadai.) Von der 300 Mann 
starken Besatzung, die die Franzosen nach der Einnahme von Abescher, 
der Hauptstadt des Sultanats Wadai im Osten des Tschadsees 
(2. Juni 1909), zurückgelassen hatten, wird ein Drittel unter dem 
aus dem Elsaß stammenden Hauptmann Fiegenschuh bei Bir Tuil 
von den Eingeborenen niedergemetzelt. 
5. Januar. Apachen in der Armee. 
Anläßlich der von den Soldaten Michel und Graby verübten Mord- 
taten verlangen viele Blätter die Säuberung der Armee von den Apachen 
und eine Aenderung des Rekrutierungsgesetzes in dem Sinne, daß vor- 
bestrafte Verbrecher nur noch den afrikanischen Strafkompagnien zugeteilt 
werden können. 
8. Januar. (Paris.) Im Kampfe mit den Apachen werden 
vier Geheimpolizisten getötet. 
11. Januar. (Paris.) Studentenkundgebungen. 
Bei den Vorlesungen des Dekans der juristischen Fakultät, Professor 
Lyon-Caen, kommt es fortgesetzt zu nationalistisch-monarchistischen Störungen 
und Schlägereien mit den republikanischen Studenten. Den unbeliebten 
Professor der Anatomie Nicolas bewerfen die Mediziner im Seziersaal mit 
faulen Eiern, Leichenteilen und Papierdüten voll Mehl. 
!11. Januar. Die Kammer wählt mit 300 Stimmen Brisson 
wieder zum Präsidenten. 
Clementel, Etienne, Bertheaux und Dubief werden zu Vizepräsi- 
denten wiedergewählt. 
18. Januar. Verhandlungen der Kammer über die Schule. 
Unterrichtsminister Doumergue betont die Beantwortung der An- 
griffe einiger Redner, daß der Feldzug, der gegenwärtig gegen die 
Laienschule geführt werde, mehr politischer als religiöser Natur sei. 
Der Kampf richte sich in Wirklichkeit gegen die Republik, die Gegner hätten 
an der Laienschule besonders das auszusetzen, daß sie die republikanischen 
Wähler vermehrt und die Trennung von Staat und Kirche ermöglicht habe, 
in die die französischen Katholiken eingewilligt haben würden, wenn Rom 
nicht sein „non licet“ dazu ausgesprochen hätte. Die Lehrerschaft verdiene 
die gegen sie gerichtete Kritik nicht. Die neueingeführten geschichtlichen 
Lehrbücher, die von den Bischöfen verurteilt worden seien, zeichneten sich 
durch ihre unparteiische und aufrichtige Darstellung aus. Nicht die Laien- 
schule, sondern der freie Unterricht sei tendenziös. Der Familienvater müsse 
Europäischer Geschichtskalender. ILII. 34
	        
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