530 Frankreich. (Januar 18.— Februar 2.)
den freien Unterricht wählen, wolle er nicht, so bedrohe ihn der Pfarrer
mit ewiger Verdammnis, und leide sein guter Ruf in den Kreisen der
Klerikalgesinnten. Der Staat müsse sich mit dem Unterrichte der Kinder,
der zukünftigen Bürger, befassen. Die Republik müsse sich verteidigen. Zu
dieser Verteidigung werden wir neue Waffen fordern. Alle Republikaner,
die sonst in mancher Beziehung geteilte Anschauungen hätten, seien in der
Verteidigung der Laienschule einig. Die republikanische Regierung werde
fortfahren, den Frieden im Junern des Landes und die Sicherheit der
Republik zu schützen.
Mitte Januar. Fortgesetzte Unwetter verursachen große Uber-
schwemmungen, besonders auch in Paris.
Am 24. Januar erreicht der Pegel der Seine am Pont Royal
7,4 Meter, eine noch nie beobachtete Höhe. Die Kammer bewilligt einen
Kredit von 2 Millionen Franken für die erste Hilfe bei Unglücksfällen.
(Siehe 26. u. 27. Jannar, 7. Februar.)
21. Januar. Der Senat nimmt den auf der Berliner Kon-
ferenz beschlossenen Entwurf einer internationalen Konvention über
die drahtlose Telegraphie an.
24. Januar. (Kammer.) Fortsetzung der Schuldebatte. (Siehe
18. Januar.)
Nach überaus umfangreicher Debatte wird eine Tagesordnung auf-
genommen, die der Regierung das Vertrauen ausspricht, daß sie die welt-
liche Schule und deren Lehrer verteidigen werde. Die von den Bischöfen
geleitete Agitation gegen das vor 25 Jahren begründete weltliche Schul-
system konnte nur 100 Gemeinden von den 36000 Frankreichs anführen,
in denen die von ihnen verbotenen Lehrbücher von den Kindern oder ihren
Bätern beiseite geschafft wurden. Dieses Verbot richtete sich auch nur auf
14 von den 200 eingeführten Lehrbüchern.
26. Januar. Der Wasserstand der Seine am Pont Royal,
der normal zwischen 2 und 2,4 m schwankt, erreicht die noch nie
dagewesene Höhe von 8,60 m.
27. Januar. Wegen des eingedrungenen Wassers muß das
untere Stockwerk der deutschen Botschaft geräumt werden.
28. Januar. Das Torpedoboot „192“ strandete bei der Insel
„St. Marguerite“ bei Cannes.
2. Februar. (Kammer.) Eisenbahnbudget.
Bei der Fortsetzung der Verhandlungen über das Budget der Eisen-
bahnen ging der Deputierte Schmidt von St. Die auf die Frage des
Vogesendurchstiches ein. Er betont, daß es zwischen den Linien Paris-
Straßburg und Paris-Mülhausen eine Grenze von 150 Kilometer gebe,
welche die Bevölkerung auf beiden Seiten ohne jedes Verkehrsmittel lasse.
Reisende und Waren müssen enorme Umwege machen, und das sei um so
empfindlicher, als das Verkehrsbedürfnis der Bevölkerung auf beiden Seiten
der Grenze stets anwachse. Der Krieg von 1870 habe zur Folge gehabt,
daß die Eisenbahnprojekte jahrzehntelang begraben blieben. Die Lage habe
sich aber allmählich geändert. Die elsässische Industrie wanderte zum Teil
über die Grenze, habe aber die nämlichen Bedingungen auf beiden Seiten