Frankreich. (Februar 4.—7.) 531
der Grenze und die Bevölkerung leide unter dem Mangel an Eisenbahn-
verbindungen immer empfindlicher. Handel und Industrie würden von
besseren Verbindungen große Vorteile haben, insbesondere würde auch die
elsässische Industrie durch Erleichterung der Kohlen zufuhr gewinnen. Aber
die neuen Vogesenlinien würden auch den internationalen Verkehr zwischen
Frankreich, Süddeutschland und der Schweiz verbessern. Der Redner gibt
zu, daß die neuen Projekte auf Schwierigkeiten stoßen können, weil sie die
französisch-deutschen Beziehungen berühren und strategische Bedenken haben
könnten. Aber die französische und auch die deutsche Regierung hätten
bereits erkennen lassen, daß kein prinzipielles Hindernis gegen alle Projekte
bestehe und es sei deshalb notwendig, daß die Regierung Vorbesprechungen
mit Deutschland einleite. Sie dürfe sich nicht gleichgültig diesen Projekten
gegenüber verhalten, deren Ausführung der Grenzbevölkerung zum Vor-
teil gereichen und im allgemeinen der Zivilisation und dem Frieden
dienen würde.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Millerand, antwortet:
Ich brauche nicht zu sagen, welche Gefühle die von dem Abgeordneten
Schmidt besprochenen Projekte in mir hervorrufen. In dieser Angelegen-
heit kann ich nur eine zweite Rolle spielen. Gewiß würde uns der Mangel
von Eisenbahnlinien auf einer Grenzstrecke von 150 Kilomeler zu dringen-
der Abhilfe nötigen, wenn wir nicht auf Bedenken stoßen würden, die
dem Patriotismus des Abg. Schmidt gewiß nicht entgehen. Ich kann also
nur versprechen, das Material an den Minister des Aeußeren und den
Kriegsminister zu übermitteln und abzuwarten, bis dieselben mir anzeigen
wollen, welche Folge den Projekten gegeben werden soll.
Der Berichterstatter der Budgetkommission Doumer äußert seine
Ueberraschung darüber, daß der Kriegsminister überhaupt über die Vogesen-
projekte gefragt werden soll. Die französische Grenzverteidigung würde durch
jeden neuen Vogesendurchstich gefährdet.
4. Februar. (Kammer.) über die Konvention für die Aus-
beutung des Erzlagers von Uenza in Nordafrika wird ausführlich
debattiert. Die Beteiligung der Firma Krupp in dem Konsortium
wird von Sozialisten und Kolonialpolitikern als eine Befestigung
des deutsch-französischen Einvernehmens freudig begrüßt.
6. Februar. (Paris.) Chantecler-Sensation.
Rostands „Chantecler“ wird im Theater Porte St. Martin mit
riesigem Erfolg aufgeführt. Die Vogelrollen geben die Veranlassung für
eine Modelaune mit überladenem Federschmuck.
7. Februar. Der Ministerrat verlangt von der Kammer zur
Unterstützung der durch das Hochwasser Geschädigten einen Kredit
von 20 Millionen Franken.
7. Februar. Marinevorlage.
Im Ministerrat werden für die Schlachtflotte 28 Panzerschiffe, 10 Auf-
klärungsschiffe und 52 Hochseetorpedoboote, für die RKüstenverteidigung
91 Unterwasserboote und für ausländische Stationen 10 Schiffe bestimmt. Die
Schlachtflotte besteht aus 4 Geschwadern zu je 6 Panzern und 4 Reserve-
schiffen, 2 Aufklärungsschiffen und 2 Reserve-Aufklärungsschiffen, 12 Torpedo-
booten für jedes Geschwader und 4 Ersatzbooten. Für die ausländischen
Stationen finden je nach Bedarf Avisos oder Kanonenboote Verwendung. Unter
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