Rusland. (Januar 8.—21.) 589
» 8. Januar. Graf Witte dementiert die ihm zugeschriebene
Außerung, daß die Beschlagnahme der rusfischen Staatsguthaben
in Berlin geeignet sei, die russisch-deutschen Beziehungen zu stören.
8. Januar. (Finnland.) Da die Rechtsanwälte das Reichs-
stempelsteuergesetz als ungesetzlich nicht beachten, so nehmen das
Hofgericht in Helfingfors und andere finnische Behörden die Doku-
mente auch ohne Stempelmarken an.
11. Januar. Begnadigung.
Der Justizminister Schtscheglowitow erwirkte vom Zaren die Be-
nadigung der wegen Teilnahme an der Ermordung Herzensteins vom
sinnischen Gericht zu sechsjähriger Zwangsarbeit verurteilten Juskewitsch,
Kraskowski und Polownew. Ihr Mitschuldiger Laritschkin, der vor dem
Gericht für beide schwer belastende Aussagen machte, wird dagegen nicht
begnadigt. Die Begnadigung erfolgte durch die gesetzlich vorgeschriebene
Vermittlung des finnländischen Staatssekretariats.
16. Januar. Der Gesundheitszustand der Zarin wird als
schwer erschüttert erkannt und eine gründliche Kur in Deutschland
in der Nähe von Nauheim vorgeschrieben.
21. Januar. Antwort auf den amerikanischen Vorschlag einer
Neutralisierung der mandschurischen Eisenbahnen.
Die russische Regierung versichert ihre Ergebenheit für die Grundsätze
der Integrität und der Souveränität Chinas, sowie der Politik der offenen
Türe und der gleichen Handelsbegünstigungen in der Mandschurei, spricht
jedoch die Ueberzeugung aus, daß diese Grundsätze in nichts gefährdet
seien, und daß es daher durch die Sachlage in der Mandschurei nicht be-
gründet sei, daß ols wirksamstes Mittel zum Schutze dieser Grundsätze die
von den Vereinigten Staaten aufgeworfenen Fragen auf die Tagesordnung
gesetzt werden. Bezugnehmend auf das Vorhandensein der mit außer-
gewöhnlichen materiellen Opfern und moralischen Anstrengungen erworbenen,
hervorragenden Staats= und privaten Interessen in der Mandschurei, auf
welche die internationale Kontrolle und Verwaltung der mandschurischen
Bahnen ungünstig einwirken müsse, geht das Memorandum zur Aufzählung
der Bedenken gegenüber dem amerikanischen Vorschlage über. Insoweit
dieser die Internationalisierung der in der Mandschurei jetzt bestehenden
Bahnen betrifft, wird vor allem darauf hingewiesen, daß die ostchinesische
Bahngesellschaft bei der Ausführung ihrer großen Unternehmungen sich be-
stimmte Rechte und Vorrechte für die ganze 30 Jahre laufende Konzessions-
zeit verschafft habe. Es sei daher der chinesischen Regierung nur die Mög-
lichkeit gelassen worden, das Unternehmen nach Ablauf von 30 Jahren zu
erwerben. Nur diese lange Frist gestatte der Gesellschaft, bedeutendes Kapital
für das Unternehmen aufzuwenden. Sie zu veranlassen, gegenwärtig ihre
Rechte aufzugeben, wäre eine ungerechte Verletzung ihrer Interessen; außer-
dem rief die ostchinesische Bahn eine große Reihe von Einrichtungen hervor
und organisierte sie, die zu ihr in irgendwelchen Beziehungen stehen. Auch
fördert sie das Entstehen vieler privater Unternehmungen, deren Schicksal
mit der Existenz der Gesellschaft verbunden ist. Z
Noch größere Bedeutung hat die ostchinesische Bahn vom staatlichen
Standpunkte aus; diese Linie dient als Hauptweg für die russischen Ver-