Rußland. (Februar 25.—März 20.) 593
mistischen Aeußerungen erscheinen um so bemerkenswerter, da der türkische
Botschafter in Petersburg zu den politischen Besprechungen zwischen dem
bulgarischen Minister und Iswolski hinzugezogen wurde.
25. Februar. (Duma.) Der Finanzetat der Budget-
kommission schließt mit einem Uberschuß von 3¾ Millionen
Nubel ab.
Seit 22 Jahren ist es der erste Etat, der ohne eine Anleihe balan-
ziert wurde.
3. März. (Finnland.) Der Landtag wird durch den General-
gouverneur Seyn eröffnet.
7. März. (Duma.) Der Etat des Ministeriums des Innern
wird gegen die Stimmen der Kadetten, der Sozialdemokraten, der
Arbeitergruppe und der Muselmannen angenommen.
9. März. (Petersburg.) Progeß gegen die Revolutionäre
Tschaikowski und Frau Breschkowskja.
Tschaikowski wurde freigesprochen und Frau Breschkowskja zur Depor-
tation nach Sibirien verurteilt. Die revolutionäre Tätigkeit beider fällt
in die sechziger Jahre. Tschaikowski hielt sich bis 1907 außerhalb Ruß-
lands auf.
14. März. Die Zugehörigkeit zur interparlamentarischen
Union nicht straffällig.
Der Justizminister hat die Dumaabgeordneten, welche in einem
Gesuch um strafrechtliche Verfolgung der russischen Gruppe der inter-
parlamentarischen Union gebeten hatten, schriftlich benachrichtigt, daß in
der Bildung einer besonderen Dumagruppe der genannten Union keine
kriminell strafbare Handlung zu erblicken sei. Deshalb könne ihrem Gesuch
auch keine Folge gegeben werden.
17. März. (Duma.) Präsident Chomjakow legt sein Amt
wegen verschiedener Zwischenfälle nieder.
19. März. (Duma.) Skandalszenen.
Infolge der Erklärung des Abg. Prof. Purischkewitsch, auf den
russischen Hochschulen gebe es nichts als Sittenverderbnis, erhebt sich ein furcht-
barer Lärm, infolgedessen eine ganze Reihe von Abgeordneten verschiedener
Parteien für 1, 2 oder 15 Sitzungen ausgeschlossen wurden.
20. März. (Petersburg.) Verständigung mit Österreich-
Ungarn.
Die Petersburger Telegraphenagentur macht bekannt, daß zwischen
beiden Regierungen wieder normale diplomatische Beziehungen hergestellt
seien, und daß in Balkan-Angelegenheiten volle Uebereinstimmung der
politischen Grundsätze bestehe. Von den sieben Dokumenten, die der Mit-
teilung an die andern Mächte beigefügt sind, ist am wichtigsten ein von
Iswolski dem Grafen Berchtold am 9. Februar 1910 übergebenes Memoire
mit sfolgenden Punkten: a! Wahrung des status quo auf der Balkanhalb=
insel; b# da dem neuen Regime in der Türkei die Gleichberechtigung aller
Nationalitäten zugrunde gelegt sei, die Wahrung und gFestigung dieser
Europäischer Geschichtskalender. LI. 38