Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

Is#ien. (November 9.—21.) 679 
9. November. (Persien.) Die englischen Landungstruppen 
im Hafen Lingeh werden zurückgezogen. 
10. November. (Persien.) Die Gepäckkarawane des russischen 
Konsuls Petrow nebst Familie und russischer Eskorte wurde unweit 
Kerman von Räubern überfallen und entführt. 
Der Konsul und seine Eskorte holten aber die Räuber ein und ent- 
rissen ihnen ihren Raub. 
15. November. (Japan.) Premierminister Marquis Katsura 
entwickelt in Osaka vor der „Volkswirtschaftlichen Gesellschaft“ sein 
Finanzprogramm: 
Japan halte an dem Prinzip fest, keine Anleihe aufzunehmen, sondern 
jährlich seine Schuld von 50 Millionen abzuzahlen. Das nächste Budget 
weise an ordentlichen Einnahmen 491 Millionen auf, an außerordent- 
lichen Einnahmen 51 Millionen, an ordentlichen Ausgaben 408 Mil- 
lionen, an außerordentlichen Ausgaben 134 Millionen. Trotz der fried- 
lichen Lage sei eine Mehraufwendung von 82 Millionen für die Marine 
in den nächsten sechs Jahren unvermeidlich. Die Annexion Koreas bedeute 
keine Mehrbelastung des japanischen Budgets. Die Regulierung der Flüsse 
zur Verhütung von Ueberschwemmungen erfordere 180 Millionen in zwanzig 
Jahren, der Umbau der Bahn Tokio—Shimonoseki zur Normalspurbahn 
außer den vorgesehenen 100 noch weitere 130 Millionen in 13 Jahren. 
Alle Mehrausgaben sollen ohne Anleihe aus den laufenden Einnahmen 
und der staatlichen Depositenkasse gedeckt werden. 
Die Presse beurteilt das Bahnprogramm zumeist sympathisch, befür- 
wortet dafür aber ein offenes Aufgeben des Prinzips, keine Anleihe auf- 
zunehmen. 
17. November. (Persien.) Große Volksversammlung. 
Fünf Redner weisen nach, daß Rußland von jeher ein Gegner 
jeglichen Fortschritts Persiens gewesen sei und daß nun auch England 
Persiens Selbständigkeit bedrohe. Das persische Volk protestiere gegen die 
Vergewaltigung durch die russische und die englische Regierung. Die Redner 
befürworteten eine Anlehnung Persiens an die Türkei, die gewiß bereit 
wäre, den Persern in ihrer Not beizustehen. Im äußersten Falle müsse 
man sich an den deutschen Kaiser als den wahren Beschützer des Islams 
wenden. Schließlich wurde eine Resolution angenommen, wonach man sich 
mit einer Eingabe (deren Text verlesen wurde) an alle Parlamente und 
Höfe wenden solle, damit sie gegen das russisch-englische Verfahren Einspruch 
erheben und dem in seiner Selbständigkeit bedrohten Persien Hilfe leisten 
mögen. 
19. November. (Persien.) Englands Haltung. 
Der englische Gesandte lehnt den Wunsch der Regierung ab, über 
die Anwesenheit von fremden Truppen in Erörterungen einzutreten und 
bestreitet, daß seine Vorschläge die Souveränitätsrechte Persiens verletzen. 
England könne der Erhöhung der Zölle nur zustimmen, wenn der 
Zuschlag zur Bestreitung der Kosten für die Aufrechterhaltung der Ordnung 
auf den südlichen Handelsstraßen verwandt würde. 
21. November. (Macao.) Ausweisung der Jesuiten aus der 
portugiesischen Kolonie.
	        
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