Pertussl. (März 7.—Juni 19.) 321
7. März. Furcht vor Verschwörungen.
Die Regierung ordnet an, daß die Namen sämtlicher Reisenden,
die aus Brasilien oder dem nördlichen Europa kommen, der Polizei über-
mittelt werden.
11. März. Die Wahlen für die gesetzgebende Versammlung
werden auf den 30. März festgesetzt.
15. März. Wahlgesetz.
Das Amtsblatt veröffentlicht das Wahlgesetz für die Wahl der Ab-
geordneten zur gesetzgebenden Versammlung. Das Wahlrecht wird geheim,
direkt und fakultativ sein. In den Wahlkreisen Lissabon und Oporto wird
nach dem Proportionalsystem, in den übrigen Wahlkreisen nach Listen
gewählt werden. Jeder koloniale Wahlkreis wird einen Abgeordneten wählen.
20. März. (Lissabon.) Ein Generalstreik scheitert an der
Energie der Behörden.
24. März. Entdeckung einer monarchistischen Verschwörung
im Norden des Landes.
In Leira, Alcoboca und Coimbra werden viele Zivilpersonen, Unter-
offiziere und Soldaten verhaftet.
6. April. Die Soldaten und Unteroffiziere der Armee, die
des Lesens kundig sind, erhalten das aktive Wahlrecht.
20. April. Vorschnelle Kirchenpolitik.
Die Regierung hebt das Bistum Beja auf und stellt Bischof Vas-
concellos unter Anklage, Fälschungen begangen zu haben. Hinterher ver-
zichtet aber der Ministerrat auf die Aufhebung des Bistums, weil nach
dem Konkordat die Einwilligung des Papstes dazu nötig sei.
30. April. (Lissabon.) Frauenstimmrecht.
Das Gericht entscheidet für die Aerztin Carolina Beatriz Angelo,
die das Wahlrecht für sich in Anspruch nimmt, weil der Wortlaut der
Verfassung das männliche Geschlecht nicht ausdrücklich als ein Erfordernis
der Wahlberechtigung angibt.
17.—24. Mai. Energisches Vorgehen gegen monarchistische
Umtriebe in Oporto und anderen Städten des Nordens.
Unter den zahlreichen Verhafteten sind auch viele Geistliche und
ehemalige Subalternoffiziere.
W. Mai. Parlamentswahlen.
Fast überall werden die Regierungskandidaten, die der leitende
Republikanerausschuß aufgestellt hat, gewählt.
12. Juni. In Almeida wird ein Zentrum antirepublikanischer
Umtriebe entdeckt.
19. Juni. Eröffnung der konstituierenden Nationalver-
sammlung.
Anwesend sind 192 Abgeordnete. Es wird dekretiert, daß die
Monarchie für immer abgeschafft und die Dynastie Braganza verbannt sei,
daß die Regierungsform Portugals die demokratische Republik sein soll.
Europäischer Geschichtskalender. UII. 21