Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

Greßbritannien. (Juli 8. —- 18.) 353 
8. Juli. Die „Westminster Gazette“ über die Marokko- 
Politik. 
Es darf als sicher gelten, daß England nicht französischer sein wird 
als Frankreich und nicht einen Ausgleich hindern wird, welcher den legi- 
timen Ehrgeiz Deutschlands befriedigte. Es würde unserem eigenen und dem 
Weltfrieden dienen, daß Deutschland eine angemessene Befriedigung seiner 
kolonialen Wünsche erhielte und die Idee los würde, daß England ihm im 
Wege stehe. Aber wenn die Angelegenheit diese Wendung nimmt, und die 
Algecirasakte durch gemeinsame Zustimmung aufgehoben werden soll, haben 
wir unsere Interessen zu wahren und haben die Fragen mit Deutschland 
zu erledigen, die wir in einer allgemeinen Verhandlung aus der Welt ge- 
schafft sehen möchten. 
8. Juli. (Dublin.) Einzug des Königspaares mit dem 
Prinzen von Wales und der Prinzessin Mary ins Schloß. 
12. Juli. Der Schlußbericht der großen Kommission über 
die Tuberkulose bei Menschen und Rindern erklärt sich gegen die 
Kochsche Theorie, daß die Tuberkulose vom Rind nicht auf den 
Menschen übertragbar sei, und verlangt die strenge Durchführung 
der Milchkontrolle. 
13. Juli. (Carnavon.) Im Beisein des Königspaares 
wird der Prinz von Wales feierlich investiert. 
13. Juli. Erneuerung des Allianzvertrages mit Japan. 
Der neue Vertrag verlängert das bis 1915 geschlossene Bündnis bis 
zum Jahre 1921. Die neue Einleitung lautet: „Die englische und die 
japanische Regierung glauben im Hinblick auf die wichtigen Veränderungen 
der Lage seit dem Abschluß des Vertrages von 1905, daß eine diesen Ver- 
änderungen entsprechende Revision zur allgemeinen Stabilität und Ruhe 
beitragen würde.“ Der zweite Artikel lautete früher: „Wenn infolge 
eines Angriffs oder Ueberfalls von seiten einer Macht oder mehrerer Mächte 
einer der beiden vertragschließenden Teile in der Verteidigung seiner Rechte 
und Interessen in einen Krieg verwickelt wird, so wird der andere Teil dem 
Verbündeten sofort zur Hilfe kommen, mit ihm den Krieg gemeinsam führen 
und den Frieden nicht anders, als im Einvernehmen mit ihm, schließen.“ 
Das wird jetzt dahin modifiziert: „Wenn eine der beiden verbündeten Mächte 
mit einer dritten Macht einen Schiedsgerichtsvertrag schließt, so ist sie nicht 
verpflichtet, im Falle eines Krieges dieser dritten Macht mit dem anderen 
Verbündeten, diesem, wie es sonst das Bündnis verlangen würde, Bundes- 
hilfe zu leisten.“ Dafür fällt aber auch die Klausel 4 weg, in der Japan 
Hilfe verspricht, falls Großbritannien es notwendig finden sollte, „in der 
Nähe der indischen Grenze solche Maßregeln zu ergreifen, welche nötig sein 
mögen, die indischen Besitzungen zu schützen“. Ausgefallen sind infolge der 
Annexion Koreas auch die Zusagen Englands über Japans Interessen in 
diesem Lande. Geblieben ist Artikel 6: „Im Fall eines russisch-japanischen 
Krieges übernimmt es Großbritannien, strenge Neutralität zu bewahren und 
Napan, falls es von einer anderen Macht angegriffen wird, zu Hilfe zu 
ommen.“ 
18. Juli. (Oberhaus.) Unter dem Exlordkanzler Halsbury 
bildet sich eine Gruppe halsstarriger Reaktionäre, die der Taktik der 
Europäischer Geschichtskalender. LII. 23
	        
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