Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

416 Kra#breich. (Mai 8.—29.) 
8. Mai. In Bar-sur-Aube werden die seit dem 19. März 
auf der Mairie und den Markthallen angebrachten roten Fahnen 
und die revolutionären Inschriften beseitigt. 
17. Mai. Die Geburtenziffer im Jahre 1910. 
Die Zahl der Lebendgeburten beträgt 774358, die der Todesfälle 
703777, die Zahl der Geburten übersteigt also die der Todesfälle um 
70581, das ist auch um 4389 höher als im Jahre 1909. Wenn der Ueber- 
schuß der Geburten über die Todesfälle erheblich höher ist als im Jahre 
1909, so hängt dies mit einem auffallenden Rückgang der Sterblichkeit 
zusammen. Im ganzen zeigt die Geburtenziffer eine trostlose Niedrigkeit. 
Ehen wurden 309 289 geschlossen und 13049 geschieden. 
21. Mai. (Paris.) Auf dem Flugplatz in Issy-les-Moulineaux 
stürzt beim Flugbewerb Paris— Madrid ein Aroplan, tötet den 
Kriegsminister Berteaux und verwundet den Ministerpräsfidenten 
Monis. 
24. Mai. Jubel über die Besetzung von Fez. 
Das „Echo de Paris“ schreibt: „Der als so außerordentlich schwierig 
geltende Entsatzzug nach Fez war in Wirklichkeit ein militärischer Spazier- 
gang und hat so gut wie gar keine Opfer gekostet. Was hat man uns 
alles von dem berühmten marokkanischen Wespennest vorgeschwatzt, in das 
hineinzugreifen Frankreich um jeden Preis vermeiden müßte! Ist man 
nicht so weit gegangen, zu behaupten, daß man 100000 Mann nach Ma- 
rokko würde schicken müssen, wenn man den schweren Fehler begehen würde, 
in das Innere des Landes eindringen zu wollen? Welche Hanswurstgeschichte! 
In Wirklichkeit ist der Staub von Stämmen unter den Kügen unserer Marsch- 
kolonnen zerstoben. Die Vogelscheuche des Heiligen Krieges, mit der man 
uns gleich schrecken wollte, erwies sich als ein verbrauchtes Theaterrequisit. 
Die Hasenfüße, die in jeder Anstrengung Frankreichs eine Gefahr sehen. 
ebenso wie die systematischen Feinde der Ausbreitung Frankreichs werden 
jetzt ohne Zweifel versuchen, die internationalen Schwierigkeiten als Trumpf 
auszuspielen. Aber auch nach dieser Richtung wird ihr Einschüchterungs- 
feldzug keine Wirkung haben. Denn die öffentliche Meinung Europas ist 
seit einiger Zeit entschieden unserer Politik günstig, die a# die Achtung 
vor den Verträgen und auf die überlegenen Rechte der Gesittung gegründet 
ist. Setzen wir also ohne Schwäche die so gut begonnene Arbeit fort.“ 
26. Mai. Staatsbegräbnis des Kriegsministers Berteaux, bei 
dem das englische Heer und die englische Regierung durch General 
French vertreten ist. 
26. Mai. Der Kommandant des 6. Armeekorps, General 
Goiran, wird zum Kriegsminister ernannt. 
29. Mai. Zur Marokkopolitik. 
In einem anscheinend inspirierten Artikel schreibt der „Matin“: 
„Das Gesuch des Sultans Mulay Hafid um die Einrichtung 
einer französischen Schutzherrschaft ist nicht neu, es wurde bereits 
gegen Ende des vergangenen Jahres durch El Mokri Herrn Pichon vor- 
getragen. Die Regierung des Herrn Briand fand indessen, daß eine der- 
artige Politik den Leitgrundsätzen des Algecirasvertrages und den bestehenden 
 
	        
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