Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

426 Frankreich. (Juli 12.—19.) 
überzeugt, nicht zögern, vor Ihnen zu erscheinen und Ihnen zu sagen, 
was wir getan haben (eine Stimme auf der äußersten Linken: Für den 
Frieden! Ausrufe auf verschiedenen Bänken), und wie wir gehandelt haben, 
und Sie zu bitten, meine Herren, abzuwägen, zu prüfen, zu erklären, ob 
wir auf der Höhe unserer Aufgaben gestanden haben. Für diesen Augen- 
blick bitte ich Sie um die Erlaubnis, diese Tribüne verlassen zu dürfen. 
Ich bitte die Kammer, der Regierung Kredit zu gewähren. Ich gebe ihr 
die Versicherung, daß die Aussprache begonnen wurde und fortgesetzt wird 
mit der beständigen und unerschütterlichen Sorge für das, was das Interesse 
und die Würde dieses Landes erheischen sowie auch die Sorge dafür, zu 
der Macht, mit der wir verhandeln, die Beziehungen guten Einvernehmens 
und hoher Loyalität aufrechtzuerhalten.“ Jaures verlangte, daß die Debatte 
morgen beginne. De Selves verlangte Vertagung auf unbestimmte Zeit, 
die mit 476 gegen 77 Stimmen angenommen wurde. 
12. Juli. (Senat.) Die Vorlage zur Schaffung einer Denk- 
münze für die Teilnehmer am Kriege 1870/71 wird angenommen. 
14. Juli. (Paris.) Bei der Rückkehr des Präsidenten Fallieres 
von der Truppenschau kommt es zu Zusammenstößen zwischen 
Polizei und Antimilitaristen, wobei 15 Polizeibeamte verletzt werden. 
15. Juli. Ein Zwischenfall in der spanischen Interessensphäre 
von Marokko. 
Der Konsul Boisset wird auf einer Reise von Suk el Arba nach 
El Ksar am Ufer des Lekkus von einem spanischen Posten angehalten, in ein 
Wachtlokal geschleppt, entwaffnet und bedroht. Die kolonialen Blätter ver- 
langen dafür eine eklatante Genugtuung von Spanien. Der Zwischenfall 
wird durch eine Entschuldigung des spanischen Botschafters am 19. Juli 
erledigt. 
17. Juli. Die „Agence Havas“ meldet aus Casablanca die 
Neueinteilung der Truppen des Generals Moinier. 
Eine Abteilung ist für Mehedia bestimmt, die zweite für Mekines, 
die dritte für das Schaujagebiet. 
17. Juli. Der „Figaro“ über die Marokkoverhandlungen: 
„Unsere Regierung schließt sich in hartnäckige Stummheit ein. Das 
ist nicht die Art, wie man die öffentliche Meinung eines großen Landes 
aufklärt und kräftigt. Die einzigen etwas deutlichen Worte, die in der 
Morokko-Angelegenheit ausgesprochen wurden, sind die des Mr. Asquith 
im Unterhause. Das ist etwas, aber für uns ist es nicht genug.“ Der 
„Figaro“ erhebt sich, wie es bereits der „Temps“ getan hatte, gegen den 
Gedanken französischer Gebietsentschädigungen an Deutschland 
und erklärt solche für zu weitgehend. Wirtschaftliche Bürgschaften in Marokko 
möge man Deutschland zugestehen, ihm jedoch große Stücke französischer 
Besitzungen in Afrika abzutreten, sei kein Grund, da Frankreich im Aus, 
tausch dafür von Deutschland keinen auch nur annähernd ähnlichen Vorteil 
empfange. 
19. Juli. Der „Matin“ läßt sich aus Berlin eine ungünstige 
Wendung in den Verhandlungen über Marokko berichten. 
Bei der letzten Unterhaltung zwischen dem Botschafter und dem 
deutschen Minister des Aeußern habe der letztere durchaus unannehm-
	        
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