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drei Monaten Deutschland diese Kompensationen zugesagt und wenn auch
die öffentliche Meinung in Frankreich seitdem umgeschlagen sei, so habe
die Regierung doch die Pflicht, die Verhandlungen mit Deutschland auf
der verabredeten Grundlage fortzuführen und sie sogar zu beschleunigen,
um durch das Zustandekommen eines Abkommens das Parlament in die
Lage zu versetzen, es anzunehmen oder abzulehnen. Es gehe aber nicht
an, die Verhandlungen jetzt zu „sabotieren“.
7. Oktober. Einsetzung einer Pulver-Kommission.
Der Kabinettsrat hat auf Antrag des Marineministers Delcassé die
Einsetzung einer aus Sachverständigen bestehenden Kommission beschlossen,
welche die Mittel zur besseren Herstellung des Pulvers und dessen Auf-
bewahrung in den Kriegsschiffen studieren soll.
7. Oktober. (Nimes.) Kongreß der Radikalen und Radikal-
sozialisten.
Die Koalition, die über die Mehrheit in der Kammer verfügt, nimmt
eine Resolution an, in der sie das Vertrauen äußert, daß die Regierung
keinerlei Landabtretung an Deutschland bewilligen werde.
9. Oktober. Die Untersuchungskommission über die Katastrophe
auf der „Liberté“ hat beschlossen, alle Pulvervorräte alten Fabrikats
von Bord der Kriegsschiffe entfernen zu lassen.
12. Oktober. Preßstimmen zum Marokkoabkommen.
„Matin"“: „Der Abschluß der Verhandlungen bedeutet noch etwas
anderes als die Vergrößerung unseres Kolonialreiches in Nordafrika und
die Ausdehnung des deutschen Kolonialbesitzes in Mittelafrika. Die
marokkanische Frage hatte seit 1905 ein tiefes Mißbehagen hervorgerufen.
Das französisch-deutsche Einvernehmen, das alle Verständigen wünschen,
wird dem französischen und deutschen Volk im besonderen und Europa im
allgemeinen eine wahre Erleichterung gewähren.“ — „Gil Blas“: „Dem
Vaterland die Schutzherrschaft über Marokko zu geben“, schreibt das
Boulevard-Blatt, „wäre es auch um den Preis bedeutender Zugeständnisse,
ist ein Meisterstück, das dem gegenwärtigen Ministerpräsidenten den Rang
unter den ersten Staatsmännern anweist.“ — In der „Humanité“
schreibt Sembat: „Allen Saumseligkeiten, Finten und Geheimtuereien zum
Trotz haben die Anfangsbuchstaben, die gestern hingeschrieben wurden, etwas
Gutes: sie bedeuten, daß jetzt jede Gefahr eines Zusammenstoßes und
kriegerischer Verwickelungen endgültig beseitigt ist. Wir entgehen der
Lächerlichkeit, der Möglichkeit ausgesetzt zu bleiben, uns wegen Marokkos
zu schlagen. Sehr bald wird man gar nicht mehr wagen, davon zu
sprechen, daß eine derartige Möglichkeit einen Augenblick lang bestanden hat.“
12. Oktober. (Kammer.) Marokkodebatte in der Budget-
kommission.
Der Deputierte Pion führte aus, er habe mit seinem Verlangen,
daß der Minister in der Budgetkommission erscheine, bezweckt, daß die
Kommission dem Minister ihre Besorgnis zum Ausdruck bringe, die sie
hinsichtlich der territorialen Kompensationen im Kongo hege. Diese Ab-
tretung dieses Gebiets, eines Teiles des nationalen Besitzstandes, sei ein
Akt von höchster Wichtigkeit, zumal er sich mitten im Frieden vollziehe.
Die Frage berühre die nationale Würde und Ehre und alle empfindlichen
Gefühle des Patriotismus. Minister des Aeußern de Selves ant-