Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

498 Naßland. (August 16.—19.) 
habe der ehemalige Schah unerwartet inkognito durchreist. Seit der Ent- 
fernung des früheren Schahs habe die persische Regierung zudem nichts 
zur Herstellung des Friedens und zur Befestigung der Ordnung im Lande 
getan. Daher halte die russische Regierung nach wie vor die persische Re- 
gierung für verantwortlich für jeden Verlust, welcher der russischen Re- 
gierung oder privaten Interessen durch innere Mißstände zugefügt werde. 
16. August. Das Abkommen mit Deutschland über Perfien 
wird im „Matin“ veröffentlicht. 
Es stellt im ersten Absatz die politische Uninteressiertheit Deutschlands 
in der russischen Interessensphäre in Persien fest. Der zweite faßt den 
Verzicht Deutschlands auf den Erwerb von persischen Konzessionen für 
Eisenbahnen, Straßen, Posten und Telegraphen oder von solchen, die irgend- 
welche politische Folgen nach sich ziehen könnten, zusammen. Seinerseits 
verpflichtet sich Rußland erstens: sämtliche Eisenbahnen, die in Persien er- 
baut werden, an die deutsche Bagdadbahn anzuschließen, die nach dem 
gegenwärtigen Stand der Konzessionen ihren Endpunkt in Khanekin an der 
persischen Grenze haben wird; zweitens: dem deutschen Handel und der 
deutschen Industrie in Persien die offene Tür zuzusichern. 
17. August. Abkommen mit Japan über die Eisenbahn= und 
Schiffahrtsverbindungen in Ostafien. 
19. August. (Petersburg.) Unterzeichnung des Abkommens 
mit Deutschland über Perfien und die Bagdadbahn. 
Artikel I. Die Kaiserlich deutsche Regierung erklärt, daß sie nicht 
die Absicht hat, nördlich einer Linie, die von Kafri—Chirin über Isfahan, 
Jezd und Khakh führt und unter dem Breitengrade von Ghasik die 
afghanische Grenze erreicht, für sich selbst Eisenbahn-, Wegebau-, Schiffahrts- 
oder Telegraphenkonzessionen nachzusuchen oder solche Gesuche von Deutschen 
oder von fremden Staatsangehörigen zu unterstützen. — Artikel II. Die 
russische Regierung, die von der persischen Regierung eine Konzession für 
die Schaffung eines Eisenbahnnetzes in Nordpersien zu erlangen beabsichtigt, 
verpflichtet sich ihrerseits, unter anderen die Konzession für den Bau einer 
Bahn einzuholen, die von Teheran ausgehen und in Khanekin endigen soll, 
um jenes Eisenbahnnetz an der türkisch-persischen Grenze an die Linie 
Sadidjeh-Khanekin anzuschließen, sobald diese Zweigstrecke der Eisenbahn 
Kouia-Bagdad fertiggestellt sein wird. Nach Erlangung der Konzession müssen 
die Bauarbeiten auf der bezeichneten Bahnlinie spätestens zwei Jahre nach 
Fertigstellung der Zweiglinie Sadidjeh—Khanekin begonnen und im Laufe 
von vier Jahren vollendet werden. Die russische Regierung behält sich vor, 
seinerzeit die endgültige Linienführung der in Rede stehenden Bahn fest- 
zusetzen, wird aber hierbei den Wünschen der deutschen Regierung Rechnung 
tragen. Die beiden Regierungen werden den internationalen Verkehr 
auf den Linien Khanekin—Teheran und Khanekin—Bagdad fördern und 
alle Maßnahmen vermeiden, die ihn behindern könnten, wie die Einführung 
von Durchgangszöllen oder die Anwendung von Differenzierungen. Sollte 
beim Ablauf von zwei Jahren nach Fertigstellung der Zweiglinie Sadidjeh— 
Khanekin der Eisenbahn Konia—Bagdad der Bau der Linie RKhanekin— 
Teheran nicht in Angriff genommen sein, so wird die russische Regierung 
die deutsche Regierung davon benachrichtigen, daß sie auf die Konzession 
für diese letztere Linie verzichtet. Der deutschen Regierung soll es in diesem 
Fall freistehen, ihrerseits die Konzession nachzusuchen. — Artikel III. In 
Würdigung der allgemeinen Bedeutung, welche die Verwirklichung der 
 
	        
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