516 Tũrkei. (Oltober 14.)
14. Oktober. (Tripolis.) Der italienische Gouverneur Rieci
schafft alle Eingangszölle ab.
14. Oktober. Eröffnung des Parlaments am Geburtstage des
Sultans.
Die Thronrede des Sultans: „Zu einer Zeit, in der die Regie-
rung in Anwendung der in der letzten Session genehmigten Gesetze zur
Verwirklichung der Maßnahmen zur fortschreitenden Entwicklung des Landes
schritt, um so nach und nach die unzähligen Irrtümer und Vernachlässi-
gungen der Vergangenheit wieder gutzumachen, erhielt sie das Ultimatum
Italiens, durch das Italien sich bemühte, unter dem Scheine der Gesetz-
mäßigkeit seine aggressiven Absichten gegen Tripolis zu verbergen. Die
Pforte antwortete innerhalb der festgesetzten Frist, indem sie ihre Bereit-
willigkeit versicherte, zu unterhandeln und die wirtschaftlichen Wünsche in
Erwägung zu ziehen, soweit diese mit den geltenden Verträgen, den Rechten
und der Würde des Reiches entsprächen, und indem sie Italien bat, seine
Forderungen genau anzugeben, damit man unverzüglich in Unterhandlungen
eintreten könne, ohne einen Krieg in Betracht zu ziehen. Vor Ablauf der
von Italien selbst gesetzten 24stündigen Frist eröffnete Italien die Feind-
seligkeiten. Während es Tripolis angriff, eröffneten seine Schiffe unter
Verletzung der internationalen Regeln unvermutet das Feuer auf die im
Adriatischen Meere ihnen begegnenden türkischen Torpedoboote, die, ohne
zu wissen, daß Feindseligkeiten bestanden, sich beeilten, die italienischen
Schisse gemäß dem unter Schiffen befreundeter Nationen herrschenden
Brauche zu grüßen. Infolge der fortwährenden Angriffe gegen gewisse
türkische Plätze an der Adria, in Tripolitanien und in Cyrenaika und gegen
Kriegsschiffe und Handelsfahrzeuge, welche vom Ausbruch des Krieges nichts
wußten, habe sich die Notwendigkeit ergeben, das Parlament vor der ge-
wöhnlichen Zeit einzuberufen. Die Pforte habe sich alsbald an die be-
freundeten Mächte mit der Bitte um Vermittlung gewandt, um dem Krieg
ein Ende zu machen unter Bedingungen, die mit den legitimen und ge-
heiligten Rechten der Türkei und ihrer nationalen Würde vereinbar sind,
einem Krieg, der sowohl in Widerspruch steht mit allen Prinzipien des
internationalen Rechtes und der Billigkeit, wie auch mit dem von allen
Seiten einmütig zum Ausdruck gekommenen Rechte nach Aufrechterhaltung
des Weltfriedens. In Erwartung der Ergebnisse der Vermittlungsversuche
und der Antworten der Mächte hat die Pforte nichtsdestoweniger die not-
wendigen Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Rechte und legitimen Inter-
essen ergrissen. Der unerwartete Angriff Jtaliens, der alle zivilisierten
Völker in Staunen setzte und erregte, hat die friedlichen und fortschritt-
lichen Bemühungen der Türkei gelähmt, die, die friedlichen Bestrebungen
der Mächte teilend, sich einer zivilisatorischen Aufgabe gewidmet hat, welche
Parlament und Nation im Bereich der menschlichen Kräfte zu erfüllen
bemüht waren. Aus der Pflicht gegen die legitimen Rechte und Interessen
ergibt sich die Notwendigkeit der brüderlichen Einigung der Ottomanen für
die Größe der Nation und zur Verteidigung gegen derartige Angriffe.“
Ferner erklärt die Thronrede, daß der Sultan während seiner Reise mit
Freuden die loyale Gesinnung in Rumelien bemerkt habe, und stellt schließlich
mit Genugtuung fest, daß die Beziehungen zu den übrigen Mächten und
den benachbarten Staaten die freundschaftlichsten seien. Die Thronrede
schließt: „Halten wir an unserer Politik fest, den Rechten anderer keinerlei
Eintrag zu tun und unsere eigenen Rechte zu schützen.“
14. Oktober. Beschwerde der „Dette Publique“.