526 Bulgarien. (Juni 22.—Dezember 24.)
konnten. Es wurden gewählt: 363 Vertreter der Regierungspartei, 42 Agrarier,
6 Sozialisten, 5 Liberale, 4 Radikale, 4 Stambulowisten und 2 (gegen
früher 1761) Demokraten.
22. Juni. (Tirnowo.) Eröffnung der großen Sobranje.
Bei der Verlesung der Thronrede durch den König stört ein bäuer-
licher Abgeordneter durch Zwischenrufe.
26. Juni. (Tirnowo.) Große Sobranje.
Der Führer der Radikaldemokraten Naitscho-Tzanow beschuldigt
in einer heftigen Schmährede den König, daß er seit seinem ersten Re-
gierungsjahre ununterbrochen die Verfassung verletze, die Parteien auspresse,
die Parteiführer beleidige und erniedrige. Tzanow sagt noch, die nach-
trägliche Anerkennung des Zarentitels wäre ebenso, wie wenn man einem
Diebe die gestohlenen Sachen später schenke. Der Kampf dreht sich um die
Fassung des § 17 des Verfassungsentwurfes: „Der Zar ist Vertreter
des Staates in allen seinen Beziehungen zu den fremden Staaten. Mit
Einwilligung der Regierung schließt und bestätigt der Zar alle Verträge
mit den fremden Staaten und teilt sie der Sobranje mit, wenn die Inter-
essen und die Sicherheit des Landes dies zulassen. Bloß die Handels-
verträge, wie auch alle die Verträge, die dem Staate Ausgaben aufbürden,
oder Veränderungen der bestehenden Gesetze oder der bürgerlichen Rechte
der bulgarischen Staatsbürger enthalten, bekommen Rechtskraft erst nach
Genehmigung durch die Sobranje.“
10. Juli. (Tirnowo.) Große Sobranje. Mit 332 gegen
50 Stimmen wird der erste Artikel der neuen Verfassung an-
genommen, in dem „Fürst“ durch „König"“ und „Fürstentum“
durch „Königtum“ ersetzt wird.
21. Juli. (Tirnowo.) Die Große Sobranje nimmt den
Gesetzentwurf auf Abänderung der Verfassung in dritter Lesung mit
326 gegen 61 Stimmen an und wird darauf vertagt.
18. September. Bei den Kammerwahlen erhält die Regierungs-
partei 190 von 213 Mandaten.
Von der Linken haben nur die Stambulowisten einigen Erfolg,
während kein Sozialist, Radikaler oder Demokrat gewählt wurde.
9. Oktober. (Sofia.) Einweihung des neuen Gebäudes für
die deutsche Schule.
Der deutsche Gesandte v. Below-Saleske hielt eine Ansprache, auf
die der Unterrichtsminister erwiderte.
1. Dezember. Voranschlag des Staatshaushalts für 1912.
Der Finanzminister nimmt die Ausgaben mit Fr. 186,6 Mill. an,
d. i. um Fr. 8,2 Mill. mehr als für das laufende Jahr. Die Einnahmen
sollen nach dem Voranschlag um Fr. 2 Mill. über die Ausgaben hinaus-
gehen. Unter den Mehreinnahmen sind die Zölle mit Fr. 26 Mill. gegen-
über Fr. 24,4 Mill. für 1911 vorgesehen, obgleich für das laufende Jahr
bereits Fr. 27 Millionen eingehen dürften.
24. Dezember. Der Sobranje geht ein Gesetzentwurf zu, die
Zivilliste des Königs um 600000 Franks zu erhöhen.