Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenundzwanzigster Jahrgang. 1911. (52)

Lerdien. (Februar 24.—Mai 16.) 529 
des deutschen Gesandten, Herrn von Reichenau, aus, der sich aus 
Familienrücksichten für die Firma Erhard verwandt habe. 
24. Februar. (Skupschtina.) Entschuldigung des Kriegs- 
ministers Goikowitsch wegen seines Ausfalls gegen den deutschen 
Gesandten. 
Das serbische Pressebureau gibt die Erklärung in folgendem Wort- 
laut: „Ich erwähnte am Schlusse meiner früheren Rede, der deutsche Ge- 
sandte intervenierte für die Vergebung der Lieferungen. Ich beabsichtigte 
damit nicht, die Haltung des deutschen Gesandten als inkorrekt zu bezeichnen, 
sondern wollte lediglich die Wißbegierde der Opposition befriedigen. Der 
deutsche Gesandte hatte die Pflicht und das Recht, sich für die Unterneh- 
mungen und Lieferungen seiner Staatsangehörigen zu interessieren und der 
Sache seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, ebenso wie die übrigen 
diplomatischen Vertreter, deren Industrien an den Lieferungen interessiert 
sind. Die Haltung des deutschen Gesandten war dabei vollkommen korrekt 
und weder von privatpersönlichen noch irgend anderen Rücksichten geleitet. 
Ich bedauere, daß der hierauf bezügliche Passus meiner Rede mißverstanden 
und bezüglich des deutschen Gesandten ungünstig aufgefaßt worden ist und pro- 
testiere gegen derartige böswillige Auffassungen und Deutungen meiner Worte.“ 
26. Februar. Auf Beschluß des Ministerrats nimmt der 
Kriegsminister Goikowitsch seine Entlassung. 
Die deutsche Regierung hat das Ultimatum gestellt, daß binnen 
zwei Tagen der Kriegsminister seine Beschuldigungen vor der Skupschtina 
zurücknehme und sein Bedauern ausspreche, sowie einen Entschuldigungs- 
besuch bei dem Gesandten mache; wenn er dies nicht wolle, dann zurück- 
trete. Wenn beides nicht geschehe, werde der Gesandte nach dem Ablauf 
der gestellten Frist abreisen. 
9. März. General Stepanowitsch wird Kriegsminister. 
13. März. Der nach Stockholm versetzte Gesandte von Reichenau 
überreicht sein Abberufungsschreiben. 
5. April. (Skupschtina.) Das Staatsbudget für 1911 nach 
der Vorlage des Finanzausschusses bemißt die Einnahmen mit 
119918 839, die Ausgaben mit 119915 365 Franks. 
18. April. Apanage der Prinzen. 
Statt der ursprünglich verlangten 360000 Dinars werden 210000 
akzeptiert, nämlich 120000 für den Kronprinzen und je 60000 für den 
Prinzen Georg und die Prinzessin Helene. (Siehe 27. Dezember.) 
26. April. Der auf den 2. Mai festgesetzte Empfang des 
Königs Peter durch Kaiser Franz Joseph in Budapest wird wegen 
der Heiserkeit des österreichischen Kaisers abgesagt. 
Der wahre Grund ist aber die maßlose Agitation, die in der 
serbischen Presse gegen diese Reise gerichtet wird. Ihr entspricht dann eine 
ebenso gereizte Haltung der ungarischen Zeitungen. 
16. Mai. (Skupschtina.) Endgültig wird mit 62 gegen 
58 Stimmen ein Gesetz angenommen, das allen Staatsbeamten die 
aktive Beteiligung an der Politik verbietet. 
Europäischer Geschichtskalender. LII. 34
	        
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