534 EGriechenland. (Mai 27.—Juni 9.)
von ihm aufgedeckten Unregelmäßigkeiten in der Landesverteidigungs-
kasse übermittelt hat.
27. Mai. Der Ingenieur Eduard Richter aus Jena wird
auf türkischem Boden von griechischen Räubern entführt. (Siehe
22. August.)
8. Juni. (Kammer.) Falsche Beschuldigung gegen den
Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts.
Der Abgeordnete Carapanos interpelliert den Kultusminister über
die griechischen Zeitungsgerüchte, welche den Leiter des Deutschen Archä-
ologischen Instituts, Prof. Dörpfeld, beschuldigten, griechische Altertümer
unterschlagen zu haben. Der Kultusminister antwortet, eine offizielle An-
schuldigung sei von keiner griechischen Behörde erfolgt. Auf seinen Befehl
habe sich der archäologische Rat des Ministeriums mit der Sache befaßt.
Dieser habe sich einstimmig dahin geäußert, daß absolut kein Grund zu
einem solchen Verdacht vorhanden sei. Uebrigens sei Herr Dörpfeld nach
der Meinung des Ministerinms über jeden solchen Verdacht erhaben.
9. Juni. Beendigung der Verfassungsrevision.
Einige der wichtigsten neuen Paragraphen sind die folgenden:
Art. 1. Die offizielle Sprache ist diejenige, in welcher die Kammer die
Gesetze verfaßt. — Art. 2. Der Text der heiligen Schriften wird un-
verändert beibehalten. Jede Uebersetzung!e in einen andern griechischen Dialekt
ist verboten. Auslegungen dürfen nur im Einverständnis mit dem griechischen
Patriarchat in Konstantinopel veröffentlicht werden, mit welchem die griechische
Kirche untrennbar verbunden ist. — Art. 5. Untersuchungsgefangene
müssen innerhalb 24 Stunden vor den ordentlichen Richter gestellt werden. —
Art. 37. Im Falle der Kammerauflösung müssen innerhalb 45 Tagen
Neuwahlen ausgeschrieben werden. — Art. 53. Ein besonderes Gesetz wird
erlassen über die Reisen des Königs in das Ausland. — Art. 60. In
den ersten zwei Monaten der Session muß der Etat vorgelegt werden.
Nach Vorberatung durch eine Kommission muß der Etat in einer Lesung,
die nicht länger als vier Tage dauern darf, erledigt werden. Spätestens
ein Jahr nach Ablauf eines Finanzjahres muß der Kammer die Abrechnung
vorgelegt werden. — Art. 71. Besoldete Staatsbeamte, aktive Offiziere,
Bürgermeister, Notare, Hypothekenbeamte und Gerichtsvollzieher können nur
dann in die Kammer gewählt werden, wenn sie vor der Aufstellung der
Kandidatur ihre Aemter niederlegen. Mit den Pflichten eines Abgeordneten
unvereinbar ist die Stellung eines Direktors von Handelsgesellschaften, eines
Aussichtsrats und besoldeten Rechtsanwalts. Angestellte von Handelsgesell-
schaften, welche besondere Vorrechte genießen, oder dauernden Staatszuschuß
erhalten, müssen, um Abgeordnete bleiben zu können, innerhalb acht Tagen
nach ihrer Wahl erklären, ob sie ihre Stellungen niederlegen. — Art. 73.
Die Wahlprüfungen werden einem Gerichtshof übertragen, zusammen-
gesetzt aus ausgelosten Richtern des Höchstgerichts (Arcopag) und des
Appellhofs. Die Auslosung geschieht in öffentlicher Sitzung. — Art. 75.
Abgeordnete, die in Athen und Piräus wohnen, erhalten 800 Drachmen,
die anderen 1000 Drachmen am Anfang jedes Vierteljahres ausbezahlt.
Der Präsident erhält 250 Drachmen pro Monat Repräsentationskosten. —
Art. 76. Die Abwesenheit eines nicht beurlaubten Abgeordneten von mehr
als fünf Sitzungen in einem Monat zieht den Abzug von 20 Drachmen für
jede Sitzung nach sich.