Allgemeines. Interualienale Konsrefze. Biplomatische a. sanstige Enthũlungen. 603
Der „Matin“ bringt den französisch-spanischen Geheimvertrag, den
Herr Delcassé und der ehemalige spanische Botschafter Leon y Castillo 1904
unterzeichnet haben. Die Urkunde besteht aus 16 Artikeln. Die wichtigsten
Bestimmungen lanten:
Art. 1. Spanien tritt der französisch-englischen Deklaration vom
8. April 1904 bei, die sich auf Marokko und auf Aegypten bezieht. — Art. 2
begrenzt genau den Teil von Marokko, von dem Frankreich anerkennt, daß
er dem Einfluß Spaniens unterworfen ist. In dem genau umschriebenen
Gebiete ist Spanien dieselbe Handlungsfreiheit zugestanden, die Frankreich
durch den zweiten Artikel des Vertrages mit England erhält. Doch erklärt
Spanien, daß es seine Aktion während der ersten 15 Jahre nach dem Ab-
schluß des Vertrages mit Frankreich nicht ausüben wird, ohne sich darüber
vorher mit Frankreich ins Einvernehmen gesetzt zu haben. Frankreich gibt
Spanien seinerseits das Versprechen, daß es von jeder Bewegung, die es
in Marokko machen wird und die den spanischen Einflußtreis berühren
könnte, der spanischen Regierung vorher Mitteilung machen wird. Während
der ersten 15 Jahre des Bestandes dieses Geheimvertrages verpflichtet sich
die französische Regierung, ihr möglichstes zu tun, damit in den beiden
Zollhäfen des dem spanischen Einfluß überlieferten Gebietes der Delegierte,
der die Gläubiger der marokkanischen Anleihe vom 12. Juli 1904 vertritt,
ein Spanier sei. Der Artikel beschreibt noch mit Einzelheiten die Linie,
die das spanische Einflußgebiet begrenzt. Diese Linie geht von der atlantischen
Küste ein wenig unterhalb von Larasch fast durch das ganze nördliche Marokko
bis zum Einfluß des Defla-Flusses in den Mulujafluß. Sie begreift die
Becken der Flüsse Innauen, Kert, Sebu, Wergha und Lukkos in sich. Sie
berührt Alkassar und nähert sich Fes bis auf 25 Kilometer. — Art. 3 be-
stimmt, daß Spanien seinen Einfluß auf das ihm zugestandene Gebiet sofort
ausüben kann, wenn der politische Zustand Marokkos und der Scherifregierung
sich nicht länger aufrechterhalten könnte. — Art. 4 umschreibt den spanischen
Besitz bei Santa Cruz de Mar Pequena oder Ifni. — Art. 5 weist Spanien
an der atlantischen Küste in S. W. Marokko ein Einflußgebiet zu, das dem
26. nördlichen Breitengrad vom 14,20. östlichen Längengrade von Paris bis
zum elften westlichen Längengrade von Paris folgt. Es beginnt wenige
Meilen südlich von Agadir. — Art. 6 bestimmt, daß Spanien seinen
Einfluß im atlantischen Teile von Marokko unter denselben Bedingungen
geltend machen kann, wie im nordmarokkanischen Teil, doch wird Spanien ge-
halten, auch hier von seinen Bewegungen Frankreich vorher zu verständigen. —
Im Art. 7 verpflichtet sich Spanien, keinen Teil der ihm zugestandenen
Gebiete in irgendeiner Form, wäre es auch nur zeitweilig, zu verkaufen
oder abzutreten. — Art. 8 sagt: Wenn die Anwendung der Art. 2, 4 und 5
ein militärisches Unternehmen nötig machen würde, so verständigt jeder der
Vertragsteile den andern vorher davon. In keinem Falle darf die Mit-
wirkung einer fremden Macht angerufen werden. — Nach Art. 9 bewahrt
Tanger seinen Sondercharakter, den ihm die Anwesenheit des diplomatischen
Korps und die geordneten städtischen und gesundheitlichen Einrichtungen ver-
leihen. — Nach Art. 10 müssen, solange der gegenwärtige politische Zustand
dauert, alle öffentlichen Arbeiten, Bahnen, Straßen, Kanäle, die aus irgend-
einem Teile Marokkos nach dem spanischen Einflußgebiete führen, von Gesell-
schaften ausgeführt werden, die aus Franzosen und Spaniern zu bestehen haben.
Auch für die Ausbeutung von Minen und Steinbrüchen und im allgemeinen
für alle wirtschaftlichen Unternehmungen sollen Franzosen und Spanier sich in
Marokko verbinden können. — Nach Art. 11 bleiben die spanischen Schulen in
Marokko und der Umlauf des spanischen Geldes unberührt. — Art. 12 räumt
den Franzosen im spanischen Einflußgebiete dieselben Rechte ein, wie den