Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

222 Das Maischr Reich und seine rinzelurn Glicher. (Oltober 25.) 
Grenzen kam es darauf an, Vorforge zu treffen, daß die zugeführten 
Mengen nicht verzeuen werden- da ein Massenimport, der das ganze Land 
eriaßt haben würde, nicht ins Auge zu fassen war. Diese Borsorge ist 
jett noch viel notwendiger ols zur Zeit des Erlasses der Anordnungen, 
weil der inzwischen ausgebrochene Balkankrieg die Zufuhrmöglichkeiten ver- 
ringert. Es kom weiter darouf an, eine zweckmäßige Verwertung der zu 
gejührten Mengen im Interesse der emeen zu sichern. 
nur möglich, indem wir uns an die Mitwirkung der nommunen —W 
der großen Kommunen, die mit ihren Märkten für die Preisbildung be- 
stimmend sein können. um den Kommunen die Mitwirkung zu erleichtern. 
sind ihnen Trisermßigungen bewilligt, sind dieienigen Jollrückerstatlungen 
geplant worden, über die der Reichslag demnächst zu beschließen haben 
wird. Das ißt der Ermmögeranie der Aktion. Sie ist von beiden Seiten 
angegriffen worden. Von agrarischer Seite hat man in unseren Maß- 
nahmen einen Bruch mit unserem Veterinärschutz und mit zun% Zol · 
volitik erkennen zu miülssen geglanbt. Mit Unrecht! Ich gebe daß wir 
bei der Erleichterung der Zufuhr an Vieh und Fieisch. über *1 Grenzen 
bis an das Aeußerste dessen gegangen sind, was wir chegenüber unjerer 
Pflicht des Beterinörschutzes verantworten können. Wir haben nach sorg- 
fältiger Prüsung des Seuchenstandes in den Nachbarlöndern Gheshernhen 
eingesührt. leut zwir eben konnten, Erleichterungen, die wir wegfallen 
laisen werden, sobald es der Seuchenbestond in den Nachbarländern not- 
wendig erscheinen 1 Von einem Buch mit unserer Zollpolitit kann 
aleichsalls nicht die Rede sein. Es handelt sich nicht n ollaufhebung, 
um Jolliuspension, es handelt sich 40P5 . ie zeitlich u achlich ĩtreng 
earenzte Stundung von Zöllen und ihrer teilweisen mbm“res nicht 
an jeglichem Imvort, sondern nur an dieienigen Kommunen, die unter 
Eriüllung der jengeiebten Bedingungen durch die Zufuhr von Fleisch oder 
Vieh auj die Marktlage regulierend einzuwirken bereit sind it der 
Einfuhr des zunclassenen Fleisches ist sofort begonnen worden. 2e 
Verkauispreise haben sich, soweit bisher berichtet ist, in allen Föllen umer 
dem sonstigen Markipreise für Fleisch gehatten, bei einzelnen Orten bis 
4 Pfeunig pro Piund. Im ganzen liegen bisher von mehr als 40 preußi- 
schen Städten aus allen Teilen der preußischen Monarchie Nachrichten 
Fast überall wird gemeldet, daß der unter städtischer Mitwirkung 
eingerichtete Verlauf sich ohne Schwierigkeiten vollzieht und von der Be- 
vallerung mit Dank begrüßt worden ist. Daß Ausnahmen vorgekommen 
sind, wissen wir aus Verlin. Nun bin ich gefragt worden, welche Ein- 
wirkungen die getrosienen Maßnahmen auf die allgenieine Preislage hällen. 
Bei einer Aktion, die sorden erst eingeset hat, werden Sie nicht erwarten. 
daß diese Einwirkung sich sofort in grofem Maße geltend macht. Wir 
werdru in dicier Bezichung einige Zeit vergehen lassen müssen. Ich konn 
aber mitteilen, daß Kom, Bonn, Mühlheim, Tilsit. Barmen, Essen, Elber- 
irld, Hamborn, Solingen und ondere Städte ein Herabgehen der allgemeinen 
Fleischpreise infolge der atnahmen der nen melden. Wir r 
zunächst c#inmal abwarten, welche Erjolge sich ergeben. Ich kann als 
einen ansterordentlichen Gewinn 0.8 lrut. urgunen, daß jo kenane, gut 
verwalteie nommunen io talkrättig eingegrifien haben, um einer übermäßigen 
Hohe der Marlivreise entgegenzuireten. Es sind aber noch eine ganze An- 
zahl weiterer Masnahmen zu vrüsen. Uniere Fleischpreise, namentlich die 
Preise für Schweineilrisch, zeichueten sich durch ganz ungewähnliche Schwan- 
lungen seit einigen Jahren aus, Schwanlungen, die ihre Erklärung nicht 
ünden in den natürlichen Schwankungen zwischen Angrbot und Nachfrage, 
in den Schwankungen der Nosten der Produklion in den einzelnen Landes-
	        
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