Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

Des Dertsqe Relq aud seine einjelnen Glither. ( Dezember 2.) 243 
Abg. Bassermann fordert die Fromtmachung der Mittelparteien, 
eingerechnet der Freikonserwativen, gegen die Hochagrarier, Sezialisen und 
Zentrum, lehnt aber die Erneuerung des Kulkurkampfes a e schwer 
drohende Friegsgesahr vecisertige die von seiner Lones eiesed 5 
getriebene nationale Heeres= und Flottenpolitik. Deutschland müsse das 
ihm treu verbündete GEirrubrulhn e klar und unzweideutig unterstũtzen. 
2. Dezember. (Reichstag.) Beginn der ersten Lesung des 
Etats. Der Reichskanzler über die auswärtige Lage. Besprechung 
der auzwärtigen Politik. 
Reichskanzler v. Bethmann Lollwege: ie einer Besprechung der 
auswärtigen Lage sind es die Ere eignisse i Balkan, die zurzeit 
so ziemlich unsett ganze Aufmerksamkeit in r t ehmen. Allerdings 
###s die Verhälinisse auf der e nsnl 1— " #ebanenen die 
erksamkeit der europäischen Großmächte in besonderem beschäftigt. 
Wirderhunee Versuche lin, hemacht worden, die Zustände W zu bessern 
und zu ordnen, wobei die Haup Aichwierigeet. in der Verschiedenheit der 
Rassen und der Religionen beruhte. weitern aller dieser Ver- 
suche mußte immer wieder mit einem iu27 Ausbruch der Leiden- 
schaften gerechnet werden. Das Bestreben der Regierungen der Großmächte 
war darauf gerichtet, biesen Ausbruch nbgiichs- lange hintanzuhalten und 
wenigstens solange zu verschieben, daß er nicht zu einem Kampfe aller gegen 
alle auf dem Balkon selbst und vor allem nicht zu Verwicklungen unter 
den Großmächten ohc. Nun hatte sich aber im hause diejes Jahres die 
Stimmung zwischen der Türkei und den Balkanstaaten so zugespitzt, daß 
der Ausbruch des — nicht mehe zu verhindern war, trogt des eifrigen 
Bestrebens der Mächte, den Frieden zu erhalten. Insbesondere mußten 
wir auf eine cewalt#ome Lösung der “m“é gesaßt sein, neitdem uns im 
Beginn dieses Sommers bekannt geworden war daß sich d ie Ballanstaaten 
u einem Vunde zusammengeschlossen hatten. Als wir den Kam 
Unvermeidlich ansahen, haben wir vor allem darauf hingewirkt, ihn 
lokalisieren. Dies ist bisher gelungen und ich kann wohl die bestimmte 
Hoffnung aussprechen, daß dies auch weiter — wird. (Bravo!) Von 
den Vorgängen am Balkan feden wir zwar nicht unmittelbar bernont 
  
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zurück. Immerhin sind wir berechugt Feich den anderen Mächten an der 
Neuregelung der Dinge, die die Folge des jezigen Krieges sein wird, mit- 
Uwirken, denn an der künftigen eeolen der ökonomischen Dinge am 
allan sind wir sehr wesentlich direll interessiert. Ich erinnere nur an die 
Erhaltung der den türkischen Staatsgläubigern gewährten Sicherheiten. Außer- 
dem werden wir bei der Regelung nanchrr Fragen unser Wort zugunsten 
unserer Veründeren mit in die Wagschale zu legen haben. (Sehr 
richtig!) Von den Rriegführenden — das nicht bestritten, daß bei der 
intolluigen Regelung der künftigen Grenzen die Großmächte ihre Interessen 
zur Geltung bringen können und aa, Grund dieser Jerssen zur Mirwirkung 
berufen werden müssen. Wenn über das Maß der Mitwirkung zwischen 
den einzelnen Grobmechten nd einzelmn der hegibren Meinungs- 
verschiedenheiten bestehen oder emstehen, so wird den Gro ümächten die 
Durchsetzung ihrer Forderungen wesentlich breihn wenn sic ihre 
derungen gemeinsam vertreien. Um dies zu errcichen, schwebt ein cvyaster 
Gedankenauskausch unter den Mächien, über den ich heute nichte Näheres 
agen kann, da er noch andauert. Ich kann aber sagen, daß er bisber in 
entgegenkommendem Geiste geführt wurde und alle Aussichten auf Erfolg 
bietet. Natürlich werden die Ansprüche der Mächte im einzelnen erst dann 
 
	        
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