Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

244 NHs Mfsche Neich und srine rinhellurn Slieder. (Dezember 2.) 
festgestellt und bekanntgegeben werden können, 7 die Stipulationen vor- 
liegen, die die Kriegführenden unter sich heir offen haben werden. Dann 
wird zu übersehen sein, wie weit sie in die Interessensphäre vader Mächte 
eingreifen. Sollten Wich cbabei — was wir nich hoffen — unlösbare 
Gegensätze ergeben, so wird es Sache der im einzelnen Fall direkt inier- 
essierten Mächte sein, ine Ansprüche zur Gelunt zu bringen. Das gilt auch 
für unsere Bundesgenossen. Wenn sie aber bei der Geltendmachung ihrer 
Interessen wider alles Erwarten von dritler Seite angegriffen und damit 
in ihrer Existenz bedroht werden lollten, dann würden wir, unserer Bundes- 
Hi 1.— l c kren an ihre täie zu treten haben. (Bravo! r 
würden wir zur Wahr# uu uuner eigenen 
llunq zrnn ee eigenen Zukunft un 
heit sechten. Ich bin fest bberheuge daß wir bei einer souen Pontti. t 
Hanze Volk hinter uns uen rden. (Ernentes Bravol) Meine Herren, 
ich will noch einmal auf die ien Iueeressen bier eingehen, die wir bei 
der Lösun de Streites ( chen der Türkei und den Balkanstaaten zu 
verfechien haben. Unsere Politik war seit langen Jahren darauf gerichtet, 
Hei guten rWW 0 volitischen Beziehungen zu den Balkanstaaten 
die Türkei in wirtschaftlicher Hinsicht zu erhalten und zu stärken. Wir 
glauben dadurch der Türkei manchen Dienst verwaiesen. zu haben, ohne daß 
wir dabei unsere gulen Beziehungen zu anderen Mächten gestört hätten. 
Dieser Politik, die allerdings bei Ausbruch des nnb-e’r?im Krieges 
gerade bei uns bestig. sangegrifen wurde, möchte ich es als einen Erfolg 
bindizieren, daß wir uns während eines Krieges zwischen einem Freunde 
und einem D##benlenoen die Sympathien beider zu erhalten gewußt haben. 
Diese Politik werden wir auch weiter fortseten. Wir hoffen, daß unsere 
bisherigen froan chaf#lichen und regen Beziehungen zu den Balkanstaaten 
eren zweifelloses Erstarken, namentlich in wirtschaftlicher Hinsicht, 
einen neuen Ausschwung nehmen werden. Dabei wird unser Streben auch 
serner dahin gehen, di Tũrlei nach dem Friedensschluß als wichtigen 
ölonomischen und politischen Faktor zu erhalten. In diesem Wunsche und 
Behtreben bete gnen wir uns ic nur mit unseren Bundesgenossen, sondern 
mit anderen Mächten, die sich mit uns die Erhaltung einer wirt- 
#chhuuch gesunden Türkei angeiesen sein dlassen. Dieses Bestreben wider- 
spricht schon an sich dem von der Presse den Großmächten oder einzelnen 
derselben vielsach unterstellten Absichten Pn Landerwerb auf Kosten der 
Türkei aus Anlaß des gegenwärtigen nrieges. Ich kann diese Unterstellung 
nach den bisherigen Besprechungen unter den Mächten als unrichlig be- 
zeichnen. Der rege GedankenanstanschitnterdenMachtendaiiertannnd 
wenn ich auch noch nicht sagen kann, in welchen Formen er fortgesetzt 
werden wird, so wier er jedenfalls sortgesett nach den günstigen Ergeb- 
nissen, die er schon jen gehabt hat und die eine allseilig tichgende 
Lösung unter den Großmächten gewarten lassen. (Vereinzelter“ Beifall 
Abg. Ledebour S # dem erstounten Scillichweigen 5 der 
Rede des Her rrn dhin anzlers, . bon nur von einem schwachen Beifall aus 
den Reihen der Noligbrallioekalen unterbrochen wurde, ist zu schließen, daß 
e Parteien eine elwas au oniebigere Auskunft in dieser außerordenllich 
ale #or Lage für Europa und unser Vaterland erwartet hätten. Ueber 
die Absichten der Reichsregierung, N die Pläne der Bundesgenossen, die 
zu verteidigen sind, haben wir micht ehört. Die allgemeine „Versichern ung 
von Bundestreue ist sehr scchön. und *z3 * moralisch sehr schön an. Aber 
welche Obiekle sind es, für die die Betärigung der Bundeskreue in Aussicht 
gestellt wird? Aus den Ausführungen des Reichskanzlers war keinerlei 
positive Tatsache zu ziehen, aus der man schließen kann, für welche Kampf- 
  
  
  
 
	        
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