20 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 6.)
unserer Finanzen zu bekommen, brauchen wir einen beweglichen Faktor.
Wir sind auch für harte Strafen bei Steuerhinterziehung. Wer den Fiskus
betrügt, soll als Betrüger behandelt werden. Wer Steuern hinterzieht,
schädigt ja nicht nur den Staat, sondern auch seine Mitbürger, die
infolgedessen einen höheren Prozentsatz an Steuern zahlen müssen. Es ist auch
eine sittliche Pflicht, dem Staat gegenüber die Wahrheit zu sagen. Wir
sind deshalb durchaus einverstanden mit den vorgechlagenen Strafen.
Vielleicht wird auch die eintretende Strafe dazu beitragen, Leute von
falschen Selbsteinschätzungen abzuschrecken. Einen gründlichen Wandel
wünschen wir in der Zusammensetzung der Veranlagungsbehörden. Wir
wollen, daß nicht der Landrat den Vorsitz führt, sondern ein technisch
geschulter Sieuerbeamter der richterliche Unabhängigkeit hat
Abg. v. Derwitz (Frk.) verteidigt seinen in der Regierungsniederschrift
zurückkgewiesenen Vorschlag auf Besteuerung von Ersparnissen.
Bis zu einem gewissen Grade kommt der Entwurf der Forderung nach Ausgleich
entgegen, aber das genügt nicht. Einer ist vielleicht vermöge seiner Stellung
und seiner Familienangehörigkeit zu großen Ausgaben gezwungen während
ein anderer mit kleinem Einkommen Geld zurücklegen kann. Um hier einen
Ausgleich zu schaffen, will ich eben das zur Steuer heranziehen, was
jemand an Ersparnissen zurücklegen kann.
Finanzminister Dr. Lente: Die Regierung kann auf die Steuer-
zuschläge nicht verzichten, weil wir die 60 Millionen Mark mehr brauchen.
Die Verschärfung der Veranlagungsvorschriften wird ebenfalls nicht den
Ausfall decken. Die meisten Redner haben nun empfohlen, die Betriebs-
einnahmen der Eisenbahnverwallung in höherem Umfang zur Deckung der
allgemeinen Staatsauegaben heranzuziehen. Diesen Weg können wir nicht
gehen, weil wir nicht die Staatsfinanzen in Unordnung bringen lassen
wollen. Mit den Anleihen würden wir nur die Zukunft belasten auf Kosten
der Gegenwart. Wäre es doch ein großer Fehler, nach so kurzer Zeit schon
wieder die Regelung von 1910 über den Haufen zu werfen. Wenn wir
glauben, besondere Veranlagungskommiliäre anstellen zu müssen, so würden
wir dabei aus objektiven Gründen verfahren.
Abg. v. Bodelberg (n) : Für die Progressivität der Vermögenssteuer
können wir uns nicht 4 ansprechen, denn diese Vermögenssteuer ist die
letzte Reserve für ernste Zeiten, die wir jetzt noch nicht anvisieren dürfen.
Wir wünschen aber eine Verschärfung der Dellarationspflicht und der
Strafbestimmungen. Die Zustammensetzung. der Veranlagungsbehörde darf nicht von rein steuertechnischem Standpunkt aus beurteilt werden.
wir haben die schwersten
Bedenken, dem Landrat den Vorsitz der Veranlagungskommission zu nehmen.
Der Landrat muß in stetem Kontakt mit seinen Kreisinsassen stehen, und er
bedarf dazu der Kenntnisse der Sleuereinschätzung. Wenn wir diesen
Standpunkt vertreten, so handelt es sich bei uns nicht um eine Machtfrage. Diesen
Vorwurf muß ich entschieden zurückweisen. Der Landrat handelt nur nach
bestem Wissen und Gewissen, rein objeltiv: und wenn er nach anderen
Grundsätzen handeln würde, würde er unmöglich sein
Der Gesetzentwurf wird einer Kommission von 28 Mitgliedern
übergeben
6. Februar. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeilung“ über
Reichstagsvorlagen.
Abgleichen von der Hauptaufgabe des neuen Reichstages in der
bevorstehenden Session, der Verstärkung der Wehrfähigkeit und der Deckung
der Mehrkosten, befinden sich mehrere Emwürfe in Vorbereitung. Vor-
bereitet werden Gesetzentwürfe über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe,