24 Das Deutsche Reich und seine enzelnen Glieder. (Februar 9.)
finde? Die Verhandlungen darüber sind lediglich mündlich geführt worden,
Ihr Ergebnis ist aber schriftlich niedergelegt worden. In dieser schriftlichen
Niederlegungung heißt es: Es berührt das Motu prorio Deutschland nicht.
Es ist also ausdrücklich schriftlich anerkannt, daß das Motu proprio
Deutschland nicht berührt. Deshalb hat die Regierung den Gesandten beim Vatikan
angewiesen, diese Erklärung entgegenzunehmen. Dabei ist aber der Gesandte
ausdrücklich noch angewiesen worden — er hat diesen Auftrag auch
ausgeführt —, dem Kardinalstaatsekretär zu erklärenn, daß ganz abgesehen vom
vorliegenden Fall die Regierung jeder Verfügung die Wirksamkeit für unser
Land versagen müsste weche mit den Reichs- oder Landesgesetzen in Wider-
Widerspruch stände. Nach dieser Verwahrung haben wir den Zwischenfall für
erledigt halten müssen. Wir konnten nicht darüber nun mit der
Kurie rechnen, ob es notwendig war, das ganze Motu proprio zu erlassen oder
nicht. Es war für uns nicht erlassen, das ist auuedrücklich anerkannt. Ich
hoffe. daß die Herren diese Auflklärung für ausreichend halten. Ich bitte
daher, den Antrag auf Vorlegung der Akten nicht anzunehmen. Es sind keine
Noten gewechselt worden. Es ist nichts weiter schriftlich verhandelt worden,
was ich Ihnen hier vorgelesen habe. Es würde ein sehr bedenkliches Präjudiz sei, die Akten hier vorzulegen.
Die Gesandten sprechen sich auch weit
offener aus, wenn sie wissen, daß die Akten nachher nicht vorgelegt werden.
Abg. v. Pappenheim (I.): Wiederum haben weltfremde Männer,
eine weltfremde Umgebung den Papst nicht davon abhalten können, in einem
Motu proprio Erklärungen abzugeben, die geeignet waren, Zweifel über das
hinaus, was er selbst gewollt hat, und Beunruhigung in der Welt
hervorzurufen. (Lebhafte Zustimmung). Keiner festen Ueberzeugung nach ist die
Absicht des Papstes nicht dahin gegangen, verletzend und beunruhigend zu
wirken. Aber die Fassungng und Redaktion dieses Motu proprio gab allerdings
berechtigte Veranlassung zur Beunruhigung: an dieser Tatsache können wir
nicht vorübergehen. Wenn heute noch seitens der Kurie, sei es wer es sei,
ein Privilegium dort beansprucht für die Diener ihrer Nirche, wenn sie diese
Rechtsauffassung als eine Grundlage ihrer kirchlichen Anschauungen hinstellt,
so müssen wir das als unvereinbar mit der heutigen Auffassung des
Staatsrechts erklären (Zustimmung), und an dieser Tatsache können wir auch nicht
vorübergehen, wenn dieses Privilegium dort auf den allerkleinsten Teil
beschränkt wird. Das Motu proprio steht in Widerspruch mit der modernen
Gesetzgebung, mit der modernen Auffassung der Staatsrechte, und wir können
deshalb trotz der Beschränkung, die jetzt die Kurie dem Motu proprio glbt,
auch trotz einer Zurücknahme des Motu proprio die sTatache nicht aus der
Welt schaffen, daß ein solches Motu proprio noch existiert. Es ist nicht aus
der Welt zu schaffen, daß, wenn die Kurie für ihre Gläubigen es als eine
schwere, todeswürdige Sünde an irgendeiner Sielle des Wellteils erklärt,
wenn dagegen veristoßen wird, dies auch für die andern Teile Bedeutung
hat. (Lebhafte Zustimmung., Wir bedauern die Demonstration der Kurie,
denn wir wollen den konfesessionellen Frieden aufrecht erhalten und wir
müssen befürchten, daß durch solche immer wiederkehrenden Kundgebungen
der kirchliche Frieden bei uns gefährdet wird. Es ist nicht nur unsere
Aufgabe, die wir Vertreter der evangelischen Kirche sind, in dieser Beziehung
eine ernste Mahnung auszusprechen, sondern in erster Linie gilt auch den
Herren diese Mahnung, die immer sagen, sie seien bereit, den konfessionellen
Frieden aufecht zu erhalten. Znstimmung.) Es ist ganz gewiß nicht nur
die Aufgbe des Staates, darüber zu wachen, es ist die Aufgabe jedes
Christen in Deutschland, der ver ernsten Willen hat, den konfessionellen
Frieden aufrecht zu erhalten, darüber zu wachen, daß solche Störungen des
Friedens vermieden und für die Zulunft verhindert werden. Es wird in