Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

26 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 10.—13.) 
10. Februar. (Reichstag.) Nach Besprechung mit seinen Frak- 
tionsgenossen legt Abg. Dr. Spahn das Reichstagspräfidium nieder. 
10. Februar. (Bayern.) Zusammensetzung des Ministeriums 
Hertling: 
Fhr. v. Herkling Präsidium und Aeußeres; Präsident des Obersten 
Landesgerichts Ritter v. Thelemann Justiz: Reichsrat Frhr. v. Soden Inneres; 
Ministerialdirektor Ritter v. Kuilling Kulius; Staatsrat Ritter v. Breunig 
Finanzen: Eisenbahndirektionspräsident Ritter v. Seidlein (Nürnberg) Ver- 
kehr; Generaloberst Graf v. Horn behält einstweilen das Kriegsministerium. 
11. Februar. (Wilhelmshaven.) Die gesamte Schuhmann- 
schaft wird, wie die „Rheinisch-Weftfälische Zeitung“ mitteilt, ver- 
setzt, nachdem auch gegen den flüchtigen Schutzmann Suur Verdachts- 
momente wegen Spionage ans Licht gekommen waren. 
12. Februar. (Berlin.) Krisis innerhalb der nationallibe- 
ralen Partei. 
Eine Versammlung nationalliberaler Vertrauensmänner beschließt 
einen Aufruf an die Parteifreunde: „Ernste Nachrichten aus ver- 
schiedenen Landesteilen lassen erkennen, daß dort über die Haltung, die ein 
Teil unserer Reichstagsfraktion bei der Präsidentenwahl eingenommen hat, 
harte Verstimmung herrscht und daß zweifellos mehrfach die Gefahr  
übereilter Entschließungen vorliegt. Unter dem Ausdruck unseres vollen  
Verstandnisses für jene Verstimmung mochten wir die dringende Mahnung an 
alle unsere engeren Freunde richten, gerade im gegenwärtigen Augenblicke 
unter allen Umständen bei der alten Fahne zu bleiben. Nur wenn 
alle treuen Verfechter der bedingungslos nationalen ruhmvollen Ueberlieferungen 
unnserer Partei geschlossen in der Partei ausharren, können wir über 
jetzige Krisis hinweg zu einer Gesundung auch der Verhältnisse im  
Reichstage zurückgelangen 
12. Februar. (Reichstag.) Austritt des zweiten Vizepräsi- 
denten aus dem Präsidium. 
Die nationalliberale Reichstagsfraktion erklärt, daß infolge des Aus- 
scheidens Dr. Spahns die Partei außerstande sei, sich an  diesem Präsidium 
weiterhin zu beteiligen. Darum hat Prinz Schönaich-Corolath obgelehnt, 
für den ireinewordenen Posten des ersten Präsidenten zu kandidieren, und 
die Frakrion hat Herrn Dr. Paasche ersucht, das Amt des zweiten Vize. 
präsidenten niederzulegen. 
13. Februar. (Preußen.) Bekanntgabe eines Ministerial- 
erlasses über die kommunalen Anleihen. 
Die Minister des Innern und der Finanzen übermitteln durch die 
Oberpräsidenten den Städten mit mehr als 10000 Einwohnern die Mahnung, 
mehr als bieher sich die Vermeidung einer Vermehrung und die  
Verminderung der bestehenden kommunalen Schuldenlast angelegen sein zu lassen. 
13. Febrnar. (Reichstag.) Der Ruck nach links. 
Visepräsident Scheidemann verliest einen Brief des Abg. Dr. Spahn: 
"Dem Reichslagspräsidium teile ich ergebenst mit. dan ich das des  
Präsidenten des Reichskages hiermit niederlege. Dr. Spahn.“ Darauf wird auf 
Amrag der Abgg. Bassermann und Dr. Gröber Vertagung und Ansehung 
 
	        
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