Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

426 Ruhlaud. Avril 26. 
26. April. (Duma.) Minister des Auswärtigen Ssasonow 
über die auswärtige Politik. 
Bei seinem Ausenthalte in Paris habe er sich überzeugt, daß die 
leitenden französischen Kreise ebenso wie Rußland feste Anhänger der Alliang 
seien und danach strebten, sie zu beiderseitigem Borteil sowie zur Sicherung 
des europäischen Friedens auszunutzen. Das Abkommen mit England 
vom Jahre 1907 habe die besten Früchte gezeitigt. Das gegenseitige Ber- 
trauen und die Sympvathien beichränkten lich nicht auf die leitenden Kreiie, 
in den — politischen grit= o im nahen wie im sernen Osen 
lorgestelg habe. Bei dem Charakter der russiich-deutichen Beziehungen könne 
der Besuch Haldanes in Berlin, wie überhaupt jeder Versuch, die englisch- 
deutichen Beziehungen zu verbessern, nur begrüft werden. Wenn es Aaböng:. 
den Boden einer Verständigung in für beide Staaten wichtin Fragen zu 
finden, würde dies die russischen Beziehungen zu Deutschland und England 
keineswegs breimträchtigen. In der Entrevue von Rarconigi seien die freund- 
schastlichen Beziehungen zu Italien zum Ausdruck gelongt, die sich 
weiter entwickeln und kräftigen. Ihre Festigkeit sei geüicherl durch die Ueber- 
einstimmung in den Anschanungen über die Lage auf dem Balkan. Rußland 
und Jialien folgten wohlwollend der Kreediohe Cnondlung der Vallan · 
völker. Die ruisisch öfterreichischen Beziehungen hätten füngst eine 
Prüfung zu bestehen gehabt, aber es sei den beiden Regierungen geiungen, 
habe für den Fall, daß die beiderseitigen Interessen sich berübrten. Diese 
ue und die Tian und und Festigung der Wot der Türtei. 
Rußland habe seinerzeit die Großmächte und die öffentliche Meinung über 
dieje Entschließungen unterrichtet. Der jüngst verstorbene österreichische 
Minister des Acußeren Graf Aehrenthal habe sie vor den Delegationen be- 
stäligt. Aus autorilativer Quelle sei der russischen Regierung bekannt ge- 
worden, daß beabüüchtigt sei, diese Grunolagen künftigbin zu beobachten, 
und daß es ein fester, Cntschluß Oesterreich- „Ungarns jei, auf diesem Boden 
zu beharren. Dies könne die fernere Geslaltung der gegenseitigen Be- 
zichungen nur inhig beeinflussen 
Di n nahen Eken sei nicht voll befriedigend und gewinne 
iniolge des itolienisch-zürkischen Arezest eine erhöhie Bedemung. Es licge 
Grund zu der Hofinung vor. daß die Ruhe auf dem Balkan nicht gestche 
und daß der Arieg keinen allgemeinen Konstitt hervorrusen würde. Vioher 
habe die risiiche Regierung die Gejahr eines solchen Ronjlikies in der 
asebsweile der Jlaliener nicht erblickt, und latsächlich beschränkte Italien 
fte das Overationsjeld auf entiernie Gegenden, um die Interessen der 
nemente Mächie nicht allzu fühlbar zu berühren. Das Vomdardement der 
Dardanellen sei nicht von Aktionen begleitet gewesen, die zum Beweis haͤtten 
dienen lönnen, daß Ilalien von dieier Erwägnng abgewichen sei. Die 
Schlicüunng der Dardanellen durch die Türken schädige die msüüchen 
Handeklsinteresien wezenslich. Die russische Botschaft habe in diesem Sinne 
Voritellungen in Konstantinovel erhoben und darauf hingewiesen, daß neu- 
tralen Schissen vertragsmäßig freic Durchjahrt gewährleistet sei. Gegen-
	        
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