Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtundzwanzigster Jahrgang. 1912. (53)

50 Dat NBische Neich und srine rinzeinun Elicher. (Februar 19.) 
Ich #nsipse an an die Worte, die der Reichskonzler — wir haben 
uns gewiß alle darüber gefreut — Über die — besserer Be- 
Kiehungen zu England gesagt hat. Aber man sollie doch nicht c große 
Hoffnungen auf diesen Hean des englischen Kriegeministers setzen. (Sehr 
richug!) Ich gloube, wir hoe ein gules Recht zu galmischted efühien 
denn 4% uns 4½ ion — ich wil das übliche Epitethon hier nicht anwenden — 
Wohltoten anbietet ohne Hintergedanken, daran glauben wir nicht. (Se 
richtig!) Wir sind verpflichtet zur Erhaltung unjerer Wehrkrast zu Wasser 
und —E mnde alles zu zun, asn nolwendig il 
Abg. Gothein (Fortschr. Vv.): Die Erklärung des Herre ieichs- 
lanzlers, daß Lihten Gorch onn England im Gange seien, und daß diese 
Verhandlungen wahrscheinlich von Erfolg gekrönt sein werdenn cher uns mit 
Genuginung erfüllt. Wir sind allerdings der Meinung, daß es für beide 
Völker von großem Wert wäre, wenn die Alchverstärdnie zwischen den 
beiden großen Völlern beseitigt würden. .s55 den aber etwaige Ab- 
machungen mit England nur dann begrüßen, wenn Fit unter voller Wahrung 
der berechtigten Interessen Deuischlands Faustbchilelenken. (Beifall bei den 
Liberalen.) Wir sind dadei nicht im geringsten von sentimentalen, sondern 
von sehr realen eiühten beseelt. Denn wir sehen darin, daß ein englischer 
Minister mal bech Berlin kommt, noch nicht eiwas so besonders Erfreu- 
liches. (Sehr richtig" I.) Aber wir wollen hoffen, daß die Verhandlungen 
zu positiven Sgrbnien führen werden. Die Rede des Reichsschatzielreir. 
war insofern doch recht einieitig. daß er uns erzählt hat, daß die Schulden 
dadurch emstanden sind, daß man mehr ausgegeben hat, als eingenommen. 
Das wußten wir lcieh lich auch schon so. Heiterleit.) Aber die ursamen 
anzugeben, hat er in der Hauptjache vergeisen; nur einen Punkt hat er 
erwähnt, nämlich ern Höhe der Ueberweisungen in den achtziger nIier 
zu einer Zeit, als das Neich besonders viel Schulden machte. Auf die 
Mlaujula Franckenstein einzugehen, hat der Reichsschotziekretör wohl mit 
jarter Rücksicht auf die Herren vom Zentrum unterlassen. Donn he 
Siaatssjelretar vergessen, die grosten Geschenke des Reichs an die Interessenten- 
kreiie zu erwähnen, z. B. die Zuckerexportprämie. Diese hal dem Reich in 
der Zeit, während sie bestand, mit Zins und Jinjeszins 2250 Millionen 
Mark gekostet. Wort! Hört! 1) Dan n die großartigen Geschenke an die 
Getreidebaner, die in den Einfuhrscheinen liegen, und das drine große Ge- 
schenk, die Branmtweinliebesgabe, die dem Reich schon k bber. 1500 Millionen 
Mark kostet. Rechnet man diese Geschenke zusammen, so ergibt es sich, daß 
vier Fünstel der heutigen Reichsschuld durch dieie Grichentochiut entstanden 
sind. Die Sozialdemokratie lebt von den Fehlein ihrer Gegner, von der 
Teuerungspolitik, von der staatlichenn Emreching und Zurücksetzung, die 
ihren Vertretern zuteil wird usw. Dieie Ummände und die schlechte Gesetz- 
gebung bicien der sozialdemokratischen Agitotion immer wirksomen Zünd- 
stois; auf diesem Nährboden erwachsen ihre Erfolge. 
Reichskonzler v. Bethmann Hollweg: Ich will nur einige wenige 
Bemerkungen machen, Der Abg. Gothein hal eben geiagt, er wünsche nicht, 
daß ich mich in die Geschäfte des Reichstages bei der Wahl des Prä= 
sidiums ninnlche, Denjelben Gedanken hat der Abg. Ledebour am vorigen 
Samsiag in der von ihm nicht ungewohnten eiwas schärferen Sprache zum 
Auedruck gebracht. Er hat es eine unerhörte Anmaßung von mir genannt, 
was ich über die Vorgänge bei der ledten Präsidentenwahl gelsagt habe. 
(Sehr richtig! I.) Ich habe nicht daran gedacht, mich in die Wahl des 
Präsidiums einzumischen: ich habe nicht daran gedacht, eine Bemerkung 
darüber zu machen, daß dem Reichstag nicht die volle Freiheit zustehe, sich 
dasjenige Präsidium zu wählen, das er will. Ich habe nur die Hallung 
  
  
 
	        
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