600 Greßbritannien. (November 1.)
Schiffe einen Angriff gegen unverteidigte Städte der befreundeten Macht
im Schwarzen Meer unternommen hatten. Dieser Akt geschah ohne Kriegs-
erklärung, ohne jegliche Anzeige und ohne Herausforderung. Er bedeutet
eine noch nicht dagewesene Verletzung der einfachsten Rechtsgesetze, Billig-
keit und internationalen Gebräuche. Von dem Augenblick, in dem die
deutschen Kreuzer „Breslau“ und „Goeben“ sich nach Konstantinopel flüchteten,
hat die Haltung der türkischen Regierung gegen England ein Gefühl der
Ueberraschung und der Zwiespältigkeit hervorgerufen. Das Versprechen der
türkischen Regierung, die deutschen Offiziere und die Besatzungen der „Goeben“
und „Breslau“ nach Hause zu schicken, ist nie gehalten worden. Die Sympathien
des türkischen Kriegsministers für Deutschland waren bekannt; aber nichts-
destoweniger hegte man die Hoffnung, daß die heilsamen Ratschläge seiner
Kollegen überwiegen würden, die bereits einen Beweis für die Freundschaft
gehabt hatten, welche die englische Regierung der türkischen Regierung
bewiesen hatte, und daß gerade aus diesem Grunde die türkische Regierung
sich zurückhalten lassen und sich nicht in die überaus gewagte Politik, sich
auf seiten Deutschlands in den Konflikt einzumischen, einlassen würde.
Seit der Krieg ausgebrochen ist, wurde die Stadt Konstantinopel von zahl-
reichen deutschen Offizieren überschwemmt, welche die Autorität der Regie-
rung an sich gerissen und verstanden haben, die Minister des Sultans zu
einer Angriffspolitik zu zwingen. Dieser Umstand ist weder der Aufmerk-
samkeit der britischen noch der französischen noch der russischen Regierung
entgangen. Die drei Mächte haben geduldig gegen die lange Reihe von
Handlungen protestiert, die nichts anderes waren als direkte Verletzungen
der Neutralität. Sie haben die Regierung des Sultans auf die Gefahren
aufmerksam gemacht, in welche die Zukunst des osmanischen Reiches gebracht
wird. Die deutschen militärischen Elemente, energisch von den Botschaftern
Deutschlands und Oesterreich-Ungarns unterstützt, haben ohne Unterlaß ihren
ganzen Einfluß ausgewandt, um die Türkei in den Krieg zu treiben. Diesem
Ziel dienten auch ihre im Dienst der Türken gezeigte Aktivität und die in
so reichem Maß zugeführten Gelder. Der türkische Kriegsminister hat mit
seinen deutschen Beratern soeben die bewaffnete Macht zum Zweck des
Angriffs auf Aegypten ausgerüstet. Die Armeekorps von Mossul und
Damaskus haben seit ihrer Mobilisation andauernd Truppen nach Süden
gesandt, was die Vorbereitung zu einem Einfall in Aegypten und den
Suezkanal von der Richtung Akaba und Coza darstellt. Eine starke Abteilung
Beduinen ist einberufen und bewaffnet worden, um an diesem Abenteuer
mitzuwirken, während einige von ihnen die Sinai-Grenze überschritten
haben. Transportmittel sind bereitgestellt und die Straßen bis zur ägyp-
tischen Grenze hergestellt. Minen, die im Golf von Akaba gelegt werden
sollen, sind befördert worden. Der berüchtigte Schech Asis Schawis hat
ein Schriftstück veröffentlicht und allgemein in Syrien und wahrscheinlich
auch in Indien verbreitet, das aufrührerisch einen Krieg der Mohamme-
daner gegen Großbritannien predigt. Das Ergebnis der von den vielen in
die türkische Armee eingereihten deutschen Offiziere entwickelten Tätigkeit.
konnte kein anderes sein als das eines angriffsweisen Vorgehens, um so
mehr, da diese Offiziere auf Befehl der deutschen Regierung sandelten.
Auf solche Weise ist es ihr gelungen, ausschlaggebenden Einfluß auf die
Ratgeber des Sultans zu erlangen. Aber die Intrigen Deutschlands ver-
mögen nicht, die Loyalität von 70 Millionen Mohammedanern in Indien
gegen England zu erschüttern, noch die Sympathien der Mohammedaner
in Aegypten abzukühlen. Diese können nicht umhin, ein verfehltes Vor-
gehen zu verachten, das, von fremdem Einfluß in Konstantinopel aus-
gehend, unvermeidlich zur Auflösung des osmanischen Reiches führen wird,