Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

632 Erankreihh. (Januar 30. — Februar 3.) 
30. Januar. (Senat.) Antwort des Kriegsministers Noulens 
auf die Angriffe des Senators Reymond gegen die militärische Luft- 
schiffahrt. (Siehe 23. Januar.) 
Man habe, führt der Minister aus, allzusehr geglaubt, daß der 
Heroismus vollkommen genüge. Die erzielten Ergebnisse könnten jedoch 
nur bei Ordnung und Disziplin von Dauer sein. Die Verantwortlichkeit 
werde in den Händen des Direktors der Luftschiffahrt zentralisiert. Der 
Minister erkennt an, daß die Ausbildung der Mechaniker ungenügend sei, 
doch seien die Kritiken, die in dieser Beziehung geübt würden, übertrieben. 
Er gibt zu, daß jetzt weniger Andrang zum Flugwesen herrsche als früher, 
aber im ganzen habe sich seine Beschaffenheit gebessert. Frankreich besitze 
gegenwärtig 600 Flugzeuge, die Deutschen nur 450 bis 500. Man wisse 
nicht, ob die Deutschen gepanzerte Flugzeuge besitzen. Frankreich habe von 
dem ersten bereits ausgeführten Apparat, der vollkommen zufriedenstellend 
erscheine, mehrere unter Vorbehalt bestellt. Hinsichtlich der Luftschiffe glaubt 
der Minister, daß der Besitz lenkbarer Luftschiffe binnen kurzer Zeit un- 
vermeidlich sei. Die zur Erbauung von Luftschiffhallen bestimmten Kredite 
seien in einer Weise ausgegeben worden, die zur Kritik berechtigten. Im 
Fall dies notwendig sein sollte, würden die notwendigen Maßnahmen 
ergriffen werden. Reymond schlägt eine von der Regierung angenommene 
Tagesordnung vor, in der die Fehler in der Organisation der Militär- 
luftschiffahrt bedauert werden und dem Kriegsminister das Vertrauen aus- 
gesprochen wird, daß er durch die Autonomie die notwendigen Reformen ver- 
wirklichen werde. Die Tagesordnung wird durch Handaufnehmen angenommen. 
30. Januar. (Nizza.) Paul Déroulede, der eifrigste Prediger 
des Revanchegedankens, f, 67 Jahre alt. 
1. Februar. Enthüllungen über die englisch-französische Waffen- 
gemeinschaft. 
Der Londoner Berichterstatter des „Excelsior“ berichtet von einer 
Erklärung des Admirals Fremantle über die Bedeutung des französisch- 
englischen Einvernehmens folgendes: Es ist unbedingt notwendig, daß man 
in Frankreich weiß — welches auch immer die persönlichen Meinungen 
sein mögen, die gewisse Mitglieder unserer Regierung aussprechen —, daß 
Frankreich im Falle eines Krieges mit Deutschland auf die Redlichkeit 
Englands zählen kann, um die Verpflichtungen zu erfüllen, die England 
betreffs Frankreichs und Belgiens eingegangen ist. Um Ihre Landsleute 
vollständig zu beruhigen, und um das Wiederauftauchen ähnlicher Befürch- 
tungen zu vermeiden, die die Pariser Presse nach den Erklärungen unseres 
Finanzministers widerhallen ließ, können Sie ihnen die Worte wiederholen, 
die mir von einem der einflußreichsten Männer Englands, der ganz genau 
weiß, was im Ministerrat sowohl wie auch in den Verhandlungen des 
Ausschusses für die Landesverteidigung vorgeht, gesagt wurden: „Man hat 
unrecht, sich in Frankreich aufzuregen, denn die von England eingegangenen 
Verpflichtungen gegenüber Frankreich sind bedeutend wichtiger, als man 
gewöhnlich annimmt.“ 
3. Februar. Ausgaben für Marokko. 
Einer offiziösen Meldung zufolge betragen die seit der Besetzung 
Marokkos im Jahre 1912 erwachsenen Ausgaben rund 293977000 Franken, von 
denen auf das Kriegsministerium 264430000, Marineministerium 22129000 
und auf das Ministerium des Aeußern 5 418000 Franken entfallen.
	        
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