Erankreith. (April 21. —24.) 653
wird. Das „Petit Journal“ schreibt: Die Erkenntnis ihrer gemeinsamen
Interessen, welche mit denen aller friedlichen Völker übereinstimmen, haben
Frankreich und England einander endgültig nähergebracht. Die Festlich-
keiten werden von Eintrachtsgedanken beseelt sein, und wenn, was man
hoffen darf, der Besuch eine noch engere Freundschaft zur Folge hat, dann
wird man sich dazu in der ganzen Welt beglückwünschen können. Das
„Journaldes Debats“ führt aus: Wir haben erklärt und die englische Presse
bestätigt es heute, daß der Königsbesuch nicht den Zweck hat, neue politische
Vereinbarungen zwischen Frankreich und England vorzubereiten, noch die-
jenigen zu ändern, die bereits bestehen. Die Umwandlung des Einver-
nehmens in ein Bündnis würde auf ernsten Widerstand in einem Teile
der britischen Meinung stoßen und unsern gemeinsamen Nebenbuhlern
Vorwände für neue Rüstungen liefern, ohne dem Dreiverbande eine einzige
Bürgschaft mehr zu geben. Keine Niederschrift, so feierlich sie auch sein
möge, wird etwas zu der Tatsache hinzufügen, daß England auf Frankreich
zählen können muß, um Deutschland zu verhindern, in Europa eine Vor-
herrschaft zu erringen, welcher zu Lande auch bald die zur See folgen
würde, und daß Frankreich auf England zählen können muß, um Deutsch-
land zur See in Schach zu halten. Die Verbindung der britischen Flotte
und des französischen Heeres ist unbedingt erforderlich, um die Existenz
sowohl des einen wie des andern Staates gegen die Vorherrschaftsbestrebungen
zu sichern. Die nationalistische „Libre Parole“ schreibt: Die anglophilen
Kundgebungen unterscheiden sich sehr von denen, mit welchen einst der Zar
empfangen wurde. Damals war Frankreich begeistert, damals sprach das
Herz Frankreichs. Heute wird die Aufnahme sympathisch sein. Der Verstand
gebietet dies. Zwischen England und Frankreich bestehen, was immer man
tun möge, Erinnerungen, die niemand vergessen kann. In einem „George
und Wilhelm“ betitelten Artikel der sozialistischen „Humanité“" heißt es:
Es liegt auf der Hand, daß unter den Parisern, die zugunsten der Entente
cordiale manifestieren, gewisse es nur mit Hintergedanken tun, ein anderes
Volk, das sie wohl kennen, zu treffen und zu verletzen. Da sie nicht grad-
heraus „Nieder mit Deutschland“ schreien können, geben sie ihren Hochrufen
auf England diese Bedeutung. Nicht die endlich zwischen den beiden hundert-
jährigen Nebenbuhlern erzielte Friedensgewißheit bejubeln sie, sondern die
Möglichkeit, die sich ihnen bietet, für ihre Meinung eines politischen An-
griffes und der Herausforderung des Feindes Stimmung zu machen, den
sie augenblicklich hassen, nachdem sie England zuvor ebenso gehaßt haben.
Gegen dieses ungesunde Gefühl protestieren wir unsererseits mit um so
mehr Entschiedenheit, als unsere eigenen Regierenden sich mehr und mehr
darin zu gefallen scheinen, diesen bösen Hoffnungen einen Untergrund zu
geben. Es lebe England, ja, aber es lebe auch Deutschland! Es leben die
beiden Völker, die diese beiden großen Nationen bilden, beide unsere Feinde
von gestern, aber unsere Verbündeten von morgen, wenn wir wirklich den
Frieden für uns und die Welt wollen.
Die englische Presse äußert sich in warmem, jedoch nicht über-
schwenglichem Tone: Die „Times“ schreiben: Die Hauptaufgabe des Königs-
besuches ist nicht, neue politische Arrangements zu ersinnen oder die bestehen-
den abzuändern. König Georg geht nach Paris, um das Werk König Eduards
zu bestätigen und fortzusetzen, und um öffentlich kundzutun, daß nach den
Jahren der Prüfung die Politik der Entente noch die Politik Englands,
sowie die Politik Frankreichs ist. Er geht nach Paris, um zu bezeugen,
daß sie in dem Sinne beider Nationen fester wurzelt als in irgendeiner
früheren Periode der Geschichte. „Daily Chronicle“" schreibt: Unser größtes
Bedürfnis ist der Friede, und ein System, unter dem Europa so viele