Frankreich. (September 22.) 693
Franzosen, die Reims zur Festung und zu einem Stützpunkt ihrer Vertei-
digungsstellung gemacht hoben. Wir müssen energisch Protest gegen die
Verleumdung erheben, daß deutsche Truppen aus Zerstörungswut und ohne
dringendste Notwendigkeit Denkmäler der Geschichte und Architektur zerstören.
Das deutsche Große Hauptgquartier meldet am gleichen Tage:
Die französische Regierung hat behauptet, daß die Beschießung der Kathe-
drale von Reims keine militärische Notwendigkeit gewesen sei. Demgegen-
über sei folgendes festgestellt: Nachdem die Franzosen die Stadt Reims
durch starke Verschanzungen zum Hauptstützpunkt ihrer Verteidigung gemacht
hatiten, zwangen sie selbst uns zum Angriff auf die Stadt mit allen zur
Durchführung nötigen Mitteln. Die Kathedrale sollte auf Anordnung des
deutschen Armecoberkommandos geschont werden, solange der Feind sie
nicht zu seinen Gunsten ausnutze. Seit dem 20. September wurde auf
der Kathedrale die weiße Fahne gezeigt und von uns geachtet. Trotzdem
konnten wir auf dem Turm einen Beobachtungsposten feststellen, der die
gute Wirkung der feindlichen Artillerie gegen unsere angreifende Infanterie
erklärte. Es war nötig, ihn zu beseitigen. Dies geschah durch Schrapnell-=
seuer und die Feldartillerie. Das Feuer der schweren Artillerie wurde
jetzt noch nicht gestattet und das Feuer eingestellt, nachdem der Posten be-
seitigt war. Wie wir beobachten können, stehen Türme und Aeußeres der
Kathedrale unzerstört, der Dachstuhl ist in Flammen aufgegangen. Die an-
greifenden Truppen sind also nur so weit gegangen, wie sie unbedingt gehen
mußten. Die Verantwortung trägt der Feind, der ein ehrwürdiges Bau-
werk unter dem Schutze der weißen Flagge zu mißbrauchen versuchte.
Am gleichen Tage schreiben die „Times“: Theoretisch wurde das
Bombardement von Reims durch die französische Artillerie herausgefordert,
die in der Stadt aufgestellt war und das deutsche Geschützfeuer kräftig er-
widerte. Französische Soldaten lagerten in den Straßen, in der Hauptstraße
befand sich der Artilleriepark, dahinter lag die Infanterie. (Siehe auch
Italien, 24. September, und Schweiz, Ende September.)
22. September. Verwendung von Dum-Dum-Geschossen.
Diefran zösische Regierung übermittelt durch ihre Gesandtschaft im
Haag der niederländischen Regierung folgende Note:
Das Blatt „Der Tag“ in Berlin hat in seiner AUummer vom 10. September
eine Photographie mit Päcken von sogenannten Dum-Dum:Geschossen
abgedruckt, die in Longwy vorgefunden worden sind. Ein Blick auf das
Bild allein zeigt aufs deutlichste, daß es sich hier um Patronen ohne
Durchschlagskraft handelt, die, für Schießübungen angefertigt, völlig un-
geeignet für den Gebrauch im Felde sind. Die Nummer des „Tag“ ist
übrigens von der deutschen Behörde in Beschlag genommen und vernichtet
worden. Allein ein Exemplar befindet sich in unserem Besitz, und ich werde
Ihnen später eine Photographie zusenden. Delcassé.
Die „Kölnische Zeitung“ bemerkt dazu: Wenn die Regierung der
französischen Republik glaubt, damit den Beweis geführt zu haben, daß
ihre Truppen keine Dum-Dum,--Geschosse geführt hätten, so täuscht sie sich.
Uns hat eine ganze Reihe solcher Geschosse vorgelegen, sowohl der alten
französischen Infanterie-Munition wieder neuen sogenannten balle D-Munition
mit Kupfermantel und fast nadelscharfer Spitze. Die alte Munition hatte
ein oben abgerundetes Geschoß in Nickelstahlmantel. Bei uns vorgelegten,
in Hirson in Paketen vorgefundenen Stücken war der obere Teil der Spitze
abgeschnitten und der Kern auf etwa 1½ cm augenscheinlich maschinell
ausgehöhlt. Von der Kupfermunition gab es Geschosse, die in derselben
Weise behandelt worden waren. Bei andern dagegen war unter der Spitze