Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

518 Greßbritannien. (Januar 21. —Februar 10.) 
Er lautet: Wir protestieren gegen das despotische Vorgehen der süd- 
afrikanischen Regierung, die unter Mitschuld des Generalgouverneurs Lord 
Gladstone und des Kolonialamts im Interesse des Kapitalismus und der 
Klassenherrschaft die Gewerkschaftsführer verhaften ließ, die Verfassung unter- 
drückte und das Kriegsrecht erklärte. Wir hegen das Vertrauen, daß die 
organisierten Arbeiter des ganzen Dominiums gemeinsame Sache machen 
werden und in geeinter Front diesem neuesten Versuche, britische Einrich- 
tungen zu russifizieren, Widerstand entgegensetzen werden. 
21. Januar. Flottenfrage. 
Handelsminister Buxton betont in einer Rede in Bermondsey, daß 
die Regierung den vollständigen Schutz der englischen Küsten sicherzustellen 
verpflichtet sei. Zu diesem Zwecke müsse sie ein Schlachtschiffgeschwader zur 
Verfügung haben, das eine Ueberlegenheit von 60 Prozent gegenüber der 
nächststarken Seemacht aufweise. Die gleiche Ansicht äußert am 20. Januar 
der erste Einpeitscher der liberalen Partei, der Abgeordnete Illingworth, 
in einer Versammlung in der Umgebung von Stratford. 
2. Februar. Beginn eines Volksschullehrerstreiks in der Graf- 
schaft Hereford wegen schlechter Gehaltsverhältnisse. 
5. Februar. (Glasgow.) Schatzkanzler Lloyd George ent- 
wickelt in einer Rede in der Andrews-Halle die von der Regierung 
vorgeschlagene Landreform. 
Danach soll 1. die Grundsteuer von dem effektiven Werte des Landes 
erhoben werden, 2. die Kommunalbehörden das Recht erhalten, Land zum 
laufenden Marktpreise zum Zwecke der Erbauung von Gartenstädten zu 
expropriieren, 3. soll in Schottland und England die Kleinbesitzer-Akte da- 
hin ergänzt werden, daß der Güterankauf erleichtert wird. Die Landgerichts- 
höfe sollen freiere Hand bekommen, die Mieten herabzusetzen und den Land- 
arbeitern größere Erleichterung beim Erwerb von Eigenbesitz zu verschaffen. 
5. Februar. Englische Pressestimmen zu den Erklärungen der 
deutschen Staatssekretäre v. Jagow und v. Tirpitz in der Budget- 
kommission des Reichstages. (Siehe S. 63 f.) 
„Daily Chronicle“ schreibt: Die Erklärungen bestätigen den Ein- 
druck von einer stetigen Besserung in den englisch-deutschen Beziehungen. 
Sie zeugen von einem großen Fortschritt gegenüber der Spannung, die vor 
dem Abschluß der Marokkokrisis herrschte, und diese Besserung wird um so 
haltbarer sein, als sie allmählich entstanden ist und sich mehr auf geschäft- 
liche als auf gefühlsmäßige Grundlagen stützt. Wir glauben, daß sie, wenn 
nichts dazu kommt und kein vorzeitiger Versuch gemacht wird, sie zu über- 
treiben, automatisch fortdauern und sich vertiefen werde, zum Vorteil beider 
Nationen. „Daily News“ schreiben: Die Besserung in den englisch-deutschen 
Beziehungen ist sehr willkommen, und es ist kein Grund vorhanden, wes- 
halb sie sich nicht vertiefen und von Dauer werden sollte. Der „Standard“ 
schreibt: Herr von Tirpitz konnte nicht deutlicher sagen, daß der englische 
Vorschlag, in den Flottenrüstungen ein Feierjahr eintreten zu lassen, von 
seiten Deutschlands abgelehnt werden würde. Auch Herr von Jagow hat 
mit anderen Worten dasselbe erklärt. 
10. Februar. (Parlament.) Eröffnung der Tagung. 
In der Thronrede des Königs heißt es: Meine Beziehungen zu 
den fremden Mächten sind andauernd freundschaftlich. Es gereicht mir zu
	        
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