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Industriellen weitgehende Kredite einzuräumen. Er erinnert ferner daran,
daß die Anleihe vom Juli von vielen Instituten und Börsenmännern unter-
schrieben wurde, die nachher nicht alles zahlen konnten. Am 1. November
waren nur 516 von 805 Millionen Franken gedeckt. Im letzten Monat hielten
sich die Staatseinnahmen um 600 Millionen Franken unter den normalen.
18. Dezember. (Paris.) Der Gemeinderat beschließt die Aus-
gabe von 140 Millionen Franken 5 ½prozentiger städtischer Gut-
scheine, wovon der Staat 48 Millionen Franken zu übernehmen
verpflichtet ist.
19. Dezember. „Journal“ berichtet: 35 Gerichtsverwalter der
beschlagnahmten deutschen Häuser reichten ihre Demission ein, da
durch verschiedene Ministerialerlasse die Ausübung der Verwaltung
derartig verwirrt und erschwert sei, daß die Führung der Geschäfte
unmöglich gemacht werde.
20. Dezember. Der deutsche Reichstagsabgeordnete für Metz
Dr. Weill veröffentlicht im „Figaro“ eine Erklärung, in der er mit-
teilt, daß er am 5. August als Freiwilliger in die französische Armee
eingetreten sei.
21. Dezember. (Kammer.) Ausschußverhandlungen.
Kriegsminister Millerand erörtert im Armeeausschuß der Kammer
die Frage der Bewaffnung und Lebensmittelzufuhr und der Munition.
Der Ausschuß erklärt einstimmig seine Zufriedenheit mit den getroffenen
Maßnahmen und billigt die Gesetzesvorlagen bezüglich der Nationalvertei-
digung. Der Budgetausschuß nimmt die von der Regierung geforderten.
Ergänzungskredite zum allgemeinen Budget an.
21. Dezember. Der Ministerrat stimmt dem Gesetzentwurf,
daß die Einbürgerung der Untertanen der feindlichen Mächte in
gewissen Fällen widerrufen werden kann, zu; ebenso dem Gesetz-
entwurf, daß der mit Geldstrafe oder Gefängnis bestraft wird, der
direkt oder durch einen Mittelsmann irgendwelche Geschäfte mit
einem Untertanen einer feindlichen Macht abschließt.
22. Dezember. (Kammer.) Eröffnung der Tagung. Erklärung
Vivianis.
Präsident Deschanel eröffnet die Sitzung mit der Erklärung, die
Vertreter Frankreichs müßten zunächst der Helden gedenken, die seit fünf
Monaten für das Vaterland kämpften. Frankreich sei niemals größer ge-
wesen, niemals und nirgends habe man herrlichere Tugenden gesehen. Er
gedenkt ferner der verstorbenen Abgeordneten, namentlich der auf dem
Schlachtfelde gefallenen. Sodann verliest Ministerpräsident Viviani folgende
Regierungserklärung: In der jetzigen Stunde ist nur eine Politik möglich:
Kampf ohne Gnade bis zur endgültigen, durch einen völlig sieg-
reichen Frieden gesicherten Befreiung Europas. Das ist der einmütige
Schrei des Parlaments, des Landes und der Armee. Angesichts dieses
ihm unerwarteten Erscheinens dieses Nationalempfindens ist Deutschland
aus dem Taumel seines Siegesrausches aufgescheucht worden. In den ersten