738 Nalien. (Dezember 29. 30.) Römische Kmie. (März 4.—Mai 25.)
29. Dezember. Der König gewährt aus Anlaß der Geburt
der Prinzessin Maria (am 26.) eine sehr weitgehende Amnestie für
politische Verbrecher.
W9. Dezember. Die Leitung der radikalen Partei Italiens
erläßt eine Bekanntmachung, worin erklärt wird, die Partei werde
eine möglichst umfassende Propaganda zugunsten des kriegerischen
Eingreifens Italiens an der Seite Frankreichs veranstalten.
30. Dezember. Der König verleiht dem Ministerpräsidenten
Salandra den Annunziatenorden.
VIII.
Römische Kurie.
4. März. (Cremona.) Fastenbrief des Bischofs von Cremona
Monsignore Bonomelli.
Der Bischof will den ehrlichen Verzicht der Kirche auf welltliche
Herrschaft und die Versöhnung des religiösen mit dem vaterländischen
Empfinden. Er ist der Ansicht, daß dieser Standpunkt von der übergroßen
Mehrzahl der gutgläubigen Katholiken Italiens geteilt wird, daß diese die
römische Frage als einen Streit um weltliche Macht begraben wissen wollen
und unter Anerkennung aller neuzeitlichen Errungenschaften und des modernen
Staates nur die Freiheit verlangen, die geistige, sittliche, soziale Entwick-
lung im christlichen Geiste zu beeinflussen. Wir verlangen, sagt Bonomelli,
keine Vorrechte und Begünstigungen, wie sie der katholischen Kirche in alten
Zeiten zugebilligt wurden; unser Klerikalismus ist nicht vaterlandsfeindlich,
der Intransigentismus ist überwunden, und auf unserer Fahne steht heute:
Für die Religion und für das Vaterland!
8. April. Gegenüber Gerüchten von der Gründung einer
katholischen parlamentarischen Partei der Christlich-Sozialen hebt
der vatikan-offiziöse „Osservatore Romano“ hervor, daß sich diese
Gründung offen gegen die Ansichten der höchsten Autorität richten
würde, die niemals in Italien die Gründung einer parlamentarischen
katholischen Partei wünsche, welcher Richtung sie auch sei.
25. Mai. (Rom.) Abhaltung eines Geheimen Konsistoriums
wegen der Neubesetzung von Bischofssitzen und Stellen im Kardinals-
kollegium.
In einer Ansprache hebt der Papst hervor, daß die Zeit andauernd
voll Unruhen für die Kirche sei, weil allenthalben die Berührung mit den
sich herandrängenden schlechten Lehren den Glauben und die Sitten des
christlichen Volkes zu verderben suche, und weil die Kirche gezwungen
sei, fast täglich den Angriffen von Menschen standzuhalten, die das Reich
Gottes bekämpfen oder die Religion aus dem Bereich der Zivilisation aus-
schließen wollten. Demgegenüber fehle es auch nicht an zeitweiligen Licht-
blicken. In der Tat verlange man jetzt mehr als je nach Frieden, da man