Schweiz. (Juni 10. -Juli 7.) 745
wendigerweise darin endigen, die Unmöglichkeit darzutun, sich zu ver-
ständigen. Wozu also sich versammeln?
10. Juni. Abschluß eines Schiedsgerichtsvertrages zwischen
Großbritannien und der Schweiz. (Siehe S. 538.)
11. Juni. (Nationalrat.) Eingang eines von Mitgliedern
aller Parteirichtungen unterschriebenen Antrags, demzufolge die
schweizerische Regierung aufgefordert werden soll, eine Anderung
der Bundesverfassung im Sinne der Einführung des Tabakmonopols
oder einer Tabaksteuer anzustreben.
Die Erträgnisse dieses Monopols sollen in erster Linie für eine Ver-
sicherung gegen Alter und Invalidität, in zweiter Linie zur Schaffung einer
Ausgleichrücklage für die Betriebsrechnung des Bundes verwandt werden.
13. Juni. (Bundesversammlung.) Die Regierung legt
Vorschläge betr. die Einbürgerung von Ausländern vor.
Als dringendste Reform wird die Zwangseinbürgerung der in der
Schweiz geborenen Ausländer unmittelbar durch eidgenössische Vorschriften
vorgesehen. Als Voraussetzungen sollen gelten, daß ein Elternteil in der
Schweiz geboren oder daß die Mutter bei ihrer Geburt Schweizerin war
oder daß die Eltern bei Geburt des Kindes seit zehn Jahren ununterbrochen
in der Schweiz wohnhaft waren. Daneben ist ein Recht auf Einbürgerung
durch Einkauf für diejenigen Ausländer vorgesehen, die seit fünf Jahren
in derselben Gemeinde wohnen oder entweder in der Schweiz geboren oder
seit 15 Jahren in der Schweiz wohnhaft sind, vorausgesetzt, daß sie den
Erfordernissen persönlicher Unbescholtenheit entsprechen und die vom Kanton
innerhalb eines bundesrechtlich geordneten Höchstbetrages festgestellten Ein-
kaufsgebühren bezahlen. Das Heimatrecht, das der Ausländer in der Nieder-
lassungsgemeinde erhält, soll den vollen öffentlichen rechtlichen Inhalt des
Bürgerrechts einschließlich der Unterstützung im Verarmungsfall, aber aus-
schließlich des Anteiles an den bürgerlichen Gütern und Nutzungen um-
schließen. Die Eidgenossenschaft soll den Gemeinden für die Lasten, die
ihnen durch diese Vorschläge entstehen, Beiträge ausrichten.
17. Juni. (Nationalrat.) Einstimmige Annahme eines
neuen Fabrikgesetzes.
Das Gesetz beruht auf einem Kompromiß zwischen der Industrie
und der Arbeiterschaft, es bringt den Zehnstundentag, schränkt die Nacht-
und Sonntagsarbeit ein, verbietet diese für Frauen und Jugendliche unter
18 Jahren, setzt als Mindestalter für Fabrikarbeiter das 14. Jahr fest und
gewährt den Wöchnerinnen einen Schutz bis zu 8 Wochen.
19. Juni. (Nationalrat.) Verhältniswahl.
Der Nationalrat nimmt mit 166 Stimmen gegen 62 Stimmen einen
Antrag des Bundesrates und der Kommissionsmehrheit an, worin es heißt:
Dem Schweizer Volke sei die Verwerfung der Verfassungsinitiative auf
Einführung der Verhältniswahl zum Nationalrate zu empfehlen. Die
Sozialisten, Demokraten, das liberale Zentrum sowie die katholische konser-
vative Rechte stimmen für die Verhältniswahl. Bei der letzten Abstimmung
hatten 100 Abgeordnete dagegen und 45 dafür gestimmt.
7. Juli. (Bern.) Besuch des Königs der Belgier.