Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Dãnemark. (Januar 11. — Anfang Marz.) 775 
der Vereinigten Staaten Bryan aufgesetzt habe und der nun schon für 
30 Staaten gelte: Diejenigen Großmächte, die sich ihm nicht anschließen 
wollen, werden wir dann mit Recht als die Barbaren bezeichnen können. 
Wir sind dann die gesitteten Völker. Für diese Aeußerung wird der Redner 
zur Ordnung gerufen. Auch der Minister des Aeußern Loudon miß- 
billigt die Bemerkung de Savornin-Lohmans und führt dann über die 
politische Lage Hollands folgendes aus: Die uns umringenden kriegführen- 
den Mächte haben wiederholt zu erkennen gegeben, daß sie uns alle begreifen 
und würdigen; jedoch wir müssen auf unserer Hut bleiben Je länger der 
Krieg dauert, desto mehr besteht die Möglichkeit für Zwischenfälle, und desto 
größer ist die Gefahr, daß die Kriegsflammen zu uns herüberschlagen. 
Unsere Neutralität ist nicht die Folge von Schwachheit, sondern sie fordert 
im Gegenteil Charakterstärke. Sie legt uns die Pflicht auf, unsere Meinungs- 
äußerungen im Zaume zu halten. In dieser Hinsicht verdient unsere Presse 
höchstes Lob. Mit wenigen Ausnahmen hat sie die Pflicht begriffen, sich 
im Zaume zu halten. Desto mehr sind uns diese Ausnahmen unangenehm. 
Unsere Neutralität ist die Aeußerung unseres nationalen Dranges und 
unseres nationalen Willens, selbständig zu bleiben und die Regierung hat 
den ernsten Entschluß, jetzt und in Zukunft diesen Drang mit Entschlossen- 
heit und Energie zur Geltung zu bringen. 
XIII. 
Dänemark. 
11. Januar. (Kopenhagen.) Der Großbrauer Karl Jacobsen, 
der Stifter der Glyptothek, f. 72 Jahre alt. 
Anfang März. Die „Verfassungsparteien“ des gemeinsamen 
Ausschusses beider Kammern einigen sich in der Verfassungsfrage. 
Der Kompromißvorschlag weicht hinsichtlich der Zusammensetzung 
des Folkethings von dem des Kabinctts Zahle in keinem Punkt ab: das 
Folkething soll dadurch weiter demokratisiert werden, daß das Wahlrecht 
auf Frauen und Gesinde erweitert und die Altersgrenze der Wähler vom 
30. auf das 25. Lebensjahr herabgesetzt wird. Was das Landsthing betrifft, 
so deckt sich der Vorschlag mit dem Regierungsvorschlag ebenfalls grund- 
sätzlich insoweit, als er auf der Grundlage des gleichen und allgemeinen 
Wahlrechts beruht. Alle Klassenvorrechte sollen abgeschafft werden. Während 
aber nach dem Regierungsvorschlag das Landsthingswahlrecht in den 
Händen der Kommunalvertretungen liegen sollte, ist nach dem Vorschlag 
der „Verfassungsparteien“ eine Altersgrenze maßgebend, die sich mit der 
Erfüllung des 35. Lebensjahres deckt; alle Folkethingswähler sollen dann 
Landsthingswähler sein, wenn sie das 35. Lebensjahr erreicht haben. Von 
der Gesamtzahl von 66 Landsthingmitgliedern sollen 54 auf acht Jahre 
gewählt werden, und zwar in großen Wahlkreisen nach dem indirekten und 
Verhältnissystem. Alle vier Jahre soll die Hälfte derselben neu gewählt 
werden. Die übrigen 12 sollen durch die 54 bezeichnet und vom König 
auf Lebenszeit ernannt werden. Das Landsthing soll aufgelöst werden 
können, wenn ein Gesetz zweimal hintereinander vom Folkething (bei 
dazwischenliegenden Neuwahlen) angenommen, vom Landsthing aber ver- 
worfen worden ist.
	        
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